Mehrere Länder wollen Kinderpornografie-Paragrafen entschärfen

Mehrere Bundesländer wollen den Kinderpornografie-Paragrafen 184b des Strafgesetzbuches entschärfen.

Der am 10. November stattfindenden Justizministerkonferenz liegt ein entsprechender Beschlussvorschlag des Landes Brandenburg vor. Darin wird das Bundesjustizministerium aufgefordert, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Tatbestände des Paragrafen 184b Absatz 1 des Strafgesetzbuchs als Vergehen herabgestuft oder eine Regelung für minder schwere Fälle vorsieht.

„Das Anliegen, auch die mittelbare Förderung des sexuellen Missbrauchs von Kindern durch die Verbreitung von Kinderpornografie schärfer zu sanktionieren, verdient weiterhin uneingeschränkte Zustimmung“, sagte die brandenburgische Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU) der „Welt“; mit der Neuregelung unterliege aber etwa ein nicht rechtzeitiges Löschen eines für den Empfänger ungewollt übersandten Bildes oder eine Inbesitznahme durch Aufsichtspersonen grundsätzlich einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr. „Um dem verfassungsrechtlich begründeten Verhältnismäßigkeitsgebot zu genügen und Wertungswidersprüche zu beseitigen, bedarf es einer dringenden Korrektur der Strafandrohungen entsprechend dem jeweiligen Unrechtsgehalt der Tat.“ Ein Sprecher des hessischen Justizministeriums sagte: „Hessen hat sich schon immer dafür eingesetzt, eine tat- und schuldangemessene Sanktionierung im Einzelfall zu gewährleisten.“ Ein Sprecher des niedersächsischen Justizministeriums sagte: „Niedersachsens Haltung war schon damals, dass es ohne die Möglichkeit eines minder schweren Falls zur ungerechtfertigten Kriminalisierung – und damit im Ergebnis zu Viktimisierung – von Jugendlichen kommen wird.“

Dies bezieht sich auf die Gesetzesverschärfung aus dem vergangenen Jahr, seitdem der Besitz kinderpornografischer Schriften grundsätzlich als Verbrechen gilt. Die Einstellung eines Verfahrens ist demnach nicht möglich. Berlin, Sachsen, Bayern und Rheinland-Pfalz kündigten in der „Welt“ explizit eine Unterstützung des Antrags aus Brandenburg an. Der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin (FDP) sagte: „Nicht die Einstufung als Verbrechen schützt die Schwächsten unserer Gesellschaft, sondern das Verhindern von Tatgelegenheiten und eine konsequente strafrechtliche Verfolgung.“

Stimmen aus der Ampel-Koalition deuten auf eine erneute Gesetzesänderung hin. „Wir sehen die praktischen Probleme und erheblichen Wertungswidersprüche, zu denen der Paragraf 184b StGB in seiner derzeitigen Ausgestaltung führt“, sagte die rechtspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Sonja Eichwede. Grünen-Rechtspolitikerin Canan Bayram sagte der Zeitung: „Staatsanwaltschaften und Gerichte müssen die Möglichkeit haben, auf die verschiedenen Fallkonstellationen tat- und schuldangemessen reagieren zu können. Die aktuelle Fassung des Paragrafen 184b StGB ermöglicht dies nicht. So machen sich Jugendliche, die einander Fotos von sich selbst schicken, ausnahmslos wegen eines Verbrechens strafbar. Damit verbaut man diesen Jugendlichen ihre Zukunft.“




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