Das berichtet die „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf hohe informierte EU-Diplomaten. EU-Chefdiplomat Josep Borrell sagte: „Als einen ersten Schritt haben wir zwei mögliche Einsatzszenarien für die EU-Eingreiftruppe erstellt: Rettungs- und Evakuierungsoperationen und als zweites Szenario der Beginn (initiale Phase) eines Stabilisierungseinsatzes. Diese Einsatzszenarios werden uns dabei helfen, die erforderlichen Fähigkeiten für die EU-Eingreiftruppe weiter zu definieren und die erste militärische Übung in der zweiten Hälfte des Jahres 2023 abzuhalten.“
Diese Übung soll nach Informationen der Zeitung in Spanien stattfinden. Wie die „Welt am Sonntag“ weiter berichtet, hat Deutschland während der Beratungen in den zuständigen Brüsseler Gremien angeboten, nach dem geplanten Start der neuen schnellen Eingreiftruppe, der für 2025 vorgesehen ist, die neue militärische Eingreiftruppe als erstes Land anzuführen. Ob es dazu kommen wird, ist aber noch nicht entschieden.
EU-Chefdiplomat Borrell sagte weiter, die neue EU-Eingreiftruppe (EU Rapid Deployment Capacity – RDC) sei „entscheidend dafür, dass die EU schnell, robust und effektiv auf Konflikte und Krisen antworten kann, sowohl in unserer direkten Nachbarschaft als auch darüber hinaus.“ Er betonte zudem: „Die andauernden Arbeiten an der schnellen Eingreiftruppe – das sind modulare Kräfte von bis zu 5.000 Soldaten – gehören zu den wichtigsten Ergebnissen des Strategischen Kompasses, der im März 2022 beschlossen wurde“. Bei dem geplanten Evakuierungseinsatz geht es laut der „Welt am Sonntag“ vor allem darum, europäische Bürger im Ernstfall aus Krisenregionen zu retten. Ein weitgehend planloser Abzug wie bei der Evakuierungsaktion in Afghanistan soll nicht noch einmal passieren, hieß es in Diplomatenkreisen.
Das Ziel eines Stabilisierungseinsatzes wiederum wäre, dass kurzfristig einsetzbare Krisenreaktionskräfte notfalls mit robusten militärischen Mitteln Stabilität herbeiführen und Frieden sichern. Aus heutiger Sicht könnten hierfür mögliche Einsatzorte die Ukraine und Moldawien sein, berichtet die „Welt am Sonntag“ weiter. Wie die neue Eingreiftruppe finanziert wird, ist laut Bericht aber noch Gegenstand von intensiven Debatten. Ein wesentlicher Teil der Gelder dürfte jedoch aus einem Sondertopf für weltweite EU-Kriseneinsätze, der Europäischen Friedensfazilität, kommen.
Der Chef des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, David McAllister (CDU), betonte in der „Welt am Sonntag“, die schnelle Eingreiftruppe werde die EU künftig „handlungsfähiger“ machen: „Gemessen an den Hürden, die die europäische Zusammenarbeit in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik in den letzten Jahren nehmen musste, ist diese Eingreiftruppe ein Meilenstein.“ Das Konzept müsse nun zügig und „spätestens bis 2025“ umgesetzt werden. Hintergrund: Die schnelle Eingreiftruppe, zu der je nach Bedarf neben Bodentruppen auch Luft- und Seestreitkräfte gehören sollen, ist Teil eines neuen sicherheitspolitischen Konzepts der EU, das offiziell „Strategischer Kompass“ heißt und bereits im März von den Außen- und Verteidigungsministern der EU verabschiedet worden ist. Offen blieb damals allerdings, wo und in welchen Fällen die neue Krisen-Interventionstruppe ab dem geplanten Start im Jahr 2025 konkret eingesetzt werden könnte.
Vorläufer der neuen EU-Eingreiftruppe sind die sogenannten EU-Battle Groups. Sie wurden aber niemals eingesetzt, sie hatten erhebliche Finanzierungsprobleme und litten häufig unter der mangelnden Bereitschaft der Mitgliedstaaten, ausreichend Truppen bereitzustellen. Das „Strategische Konzept“ legt unter anderem fest, welche Fähigkeiten die EU künftig im Bereich des Krisenmanagements haben muss.