„Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Blackout in Teilen der Europäischen Union in naher Zukunft eintritt, ist sehr groß. Die Frage ist nicht, ob er kommt, sondern wann er kommt“, sagte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) der „Welt“ (Dienstagausgabe).
Das Risiko für einen flächendeckenden Stromausfall habe sich durch den Ukraine-Krieg noch einmal deutlich erhöht, erklärte die Ministerin. „Für Putin sind Hackerangriffe auf die westliche Stromversorgung ein Mittel der hybriden Kriegsführung. Wir sollten nicht so tun, als ob das nur Theorie wäre. Wir müssen uns in Österreich und in Europa auf Blackouts vorbereiten.“
Tanner sagte, dass ein Drittel der Bürger spätestens am vierten Tag eines Stromausfalls nicht mehr in Lage seien, sich selbst zu versorgen. Österreichs Bundesheer will darum bis 2025 insgesamt 100 autarke Kasernen, die sich für zwei Wochen selbstständig versorgen können, einrichten. Außerdem soll es sogenannte Sicherheitsinseln geben, die im „Ernstfall Anlaufstellen sein können für zivile Helfer und Ordnungskräfte“. Skeptisch zeigte sich die Verteidigungsministerin über den Ausgang des Ukraine-Kriegs.
Moskau verfüge über enorme Reserven an Material und an Soldaten, sagte sie. „Die Ukraine hat glücklicherweise sehr wichtige Erfolge erzielt, aber sie muss ein riesiges Gebiet verteidigen. Es ist unklar, ob es in diesem Krieg überhaupt jemals einen Sieger geben wird.“ Tanner forderte die internationale Gemeinschaft auf, sich stärker auf Verhandlungen zur Lösung des Ukraine-Kriegs zu konzentrieren und in dieser Frage mit der Ukraine zusammenzuarbeiten.
„Es ist wichtig, dass im Hintergrund Gespräche laufen und der Fokus wieder vermehrt auf die Diplomatie gelegt wird.“ Laut Tanner vertreten einige EU-Staaten die Ansicht, dass die Ukraine als souveräner Staat allein darüber entscheiden soll, wann verhandelt wird und was das Ziel dieser Verhandlungen sein sollte. „Man kann es aber auch so sehen, dass der Westen, der die Ukraine seit Monaten mit Waffen und Milliardenbeträgen unterstützt, gemeinsam mit Kiew herausfinden muss, wann die Grenze dieses Krieges erreicht ist und wann es Sinn macht, in einem geeigneten Format mit Verhandlungen zu beginnen“, sagte die Ministerin. Das sei „eine schwierige Angelegenheit“, aber mit dieser Frage sollte sich die internationale Staatengemeinschaft jetzt verstärkt beschäftigen.
Tanner: „Wir dürfen in diesem Zusammenhang auch nicht vergessen, dass die hohen Energiepreise, die eine Folge von Putins brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine sind, von den Menschen im Westen zunehmend als Belastung empfunden werden könnten.“