Zum Jahresende werde in der Pflegversicherung ein Defizit von 2,2 Milliarden Euro auflaufen, sagte Kiefer dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Mittwochausgaben). Die Liquiditätsreserve sinke auf rund 5,7 Milliarden Euro und liege damit rund 1,2 Milliarden Euro unter der gesetzlich vorgeschriebenen Höhe.
Damit sei eine Anhebung des Beitragssatzes zum 1. Januar 2023 um 0,3 Prozentpunkte dringend notwendig gewesen. „Die Ampelkoalition hat jedoch entschieden, nicht zu entscheiden. Eine solide und nachhaltige Politik sieht anders aus“, kritisierte Kiefer. Kiefer sagte, die finanzielle Lage sei sogar „noch dramatischer, als es auf den ersten Blick erscheint“. Schließlich beinhalte die Finanzreserve bereits ein Darlehen des Bundes von einer Milliarde Euro, das bis Ende 2023 an den Bund zurückgezahlt werden müsse. Zwar könne man mit „Zahlenakrobatik“ die Finanzprobleme noch einige Monate vor sich herschieben. „Nach unseren Prognosen sind aber spätestens im zweiten Halbjahr die Finanzreserven massiv in den Keller gefahren“, so Kiefer. Je länger die politischen Entscheidungen ausblieben, desto größer würden die Probleme. „So kann man nicht ewig weitermachen, dann fährt die Pflegeversicherung gegen die Wand“, mahnte er. Die Lösung der massiven Finanzprobleme und die gleichzeitige Umsetzung der vom Bundesverfassungsgericht bis Ende Juli verlangten Staffelung des Beitragssatzes je nach Kinderzahl würden für Gesundheitsminister Lauterbach zum „Ritt auf der Rasierklinge“. Kiefer rechnet damit, dass die Umsetzung des Urteils dazu führen werde, dass Kinderlose „deutlich mehr“ zahlen müssten. Zwar handele es sich um eine familienpolitische Leistung, die aus Steuermitteln finanziert werden sollte. „Aber die Ampelkoalition hat erkennbar nicht die Absicht, dafür Geld aus dem Bundeshaushalt zur Verfügung zu stellen.“ Deshalb erwarte er, dass es innerhalb der Pflegeversicherung eine Umverteilung geben müsse. Kiefer forderte zudem, die Eigenbeteiligung der Bewohner von Pflegeheimen erneut zu abzusenken. Die noch von der großen Koalition beschlossene Entlastung sei teilweise wieder durch die stark gestiegenen Kosten aufgefressen worden.
Schließlich gingen die überfälligen Lohnsteigerungen in der Pflege voll zu Lasten der Pflegebedürftigen. Die Belastung sei zu hoch: „Wer kann schon über 2.000 Euro pro Monat mit einer normalen Rente bezahlen?“, fragte der Vorstand des Kassen-Spitzenverbandes. „Es ist dringend nötig, dass die Politik an die Frage der Eigenbeteiligung noch einmal rangeht“, so Kiefer.