„Die Lage ist katastrophal“, sagte sie der „Bild“ (Donnerstagausgabe). Es werde immer schwieriger, Patienten zu versorgen – „und das in einem Land, das mal die Apotheke der Welt war“, so Overwiening.
„Bei normalerweise gut behandelbaren Krankheiten wie zum Beispiel Scharlach muss teilweise auf Reserve-Antibiotika zurückgegriffen werden, die eigentlich nur in Ausnahmefällen und auch nur dort eingesetzt werden sollen, wenn gegen die Standard-Antibiotika Resistenzen auftreten.“ Ein Ende des Mangels sei „derzeit nicht in Sicht“, heißt es von der Berliner Kammer. Peter Stahl, Kammerpräsident in Rheinland-Pfalz, sagte der „Bild“: „Gefühlt jede zweite Verschreibung ist inzwischen ein Problem.“ Georg Engel von der Apothekerkammer Mecklenburg-Vorpommern ergänzte: „Die Versorgung der Patienten ist für alle Apotheker sehr anstrengend.“ Carsten Wohlfeil, Präsident der Apothekerkammmer Saarland, sagte, dass Patienten „weite Wege auf sich nehmen müssen, um eine Apotheke zu finden, die ein entsprechendes Arzneimittel hat“. Bayern hat unterdessen eine „Task-Force Arzneimittelversorgung“ ins Leben gerufen, um den anhaltenden Lieferengpässen zu begegnen. Alexander von Waldenfels (Bayerische Landesapothekerkammer) beklagte „die Lieferengpässe bei Antibiotikasäften über alle Wirkstoffe hinweg“. Der rheinland-pfälzische Kammerpräsident Peter Stahl sagte: „Gefühlt jede zweite Verschreibung ist inzwischen ein Problem. Wir durchleben zurzeit eine schwere Scharlach-Welle bei Kindern, die nur mithilfe von Antibiotika zu behandeln ist.“ In der Apothekerkammer Baden-Württemberg beobachtet man hingegen „seit Jahren phasenweise akute Mängel“, die Lage habe sich „seit Herbst 2022 jedoch verschärft“ und betreffe „inzwischen auch Breitspektrum-Antibiotika“. FDP-Gesundheitsexpertin Christine Aschenberg-Dugnus sagte der „Bild“: „Arzneimittellieferengpässe wurden jahrzehntelang vernachlässigt.“ Darum arbeite die Ampel „intensiv an einem Gesetz zur Bekämpfung dieser Engpässe“. Ein Sprecher des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, das dem Gesundheitsministerium untergeordnet ist, erklärte, dass „ein Lieferengpass nicht automatisch ein Versorgungsengpass sein muss“. Auf europäischer Ebene gebe es „erste Signale einer sich stabilisierenden Verfügbarkeit“. Kritik kommt aus der Opposition. Für den CDU-Gesundheitsexperten Tino Sorge steht fest: „Jetzt rächt sich der jahrelange Sparzwang bei Medikamenten, vor allem aber das Abwarten von Gesundheitsminister Lauterbach.“ Längst hätte der Minister seiner Ansicht nach ein Frühwarnsystem für Lieferengpässe einführen können. „Es ist höchste Zeit, dass Minister Lauterbach den Medikamenten-Mangel entschlossen bekämpft“, so Sorge. „Bisher kursieren nur vage Ideen, die Patienten stehen weiter im Regen.“