Nötig sei ein „wehrhafter, wachsamer und aufrichtiger“ Staat, sagte er am Montag bei einer Gedenkveranstaltung für die Opfer des Brandanschlags vom 29. Mai 1993 in Solingen. „Jeder Mensch muss in unserem gemeinsamen Land in Sicherheit und Frieden leben können, und der Staat muss besonders diejenigen schützen, die ein höheres Risiko haben, Opfer von Gewalt zu werden.“
Dafür muss er noch mehr tun. „Ich bin fassungslos, wenn ich höre, dass einzelne Angehörige von Sicherheitsbehörden, die rechtsextreme Anschläge verhindern sollen, sich in rechten Chatgruppen organisieren“, so Steinmeier. Das könne und dürfe man nicht dulden. „Wenn ich von einer wehrhaften Demokratie spreche, dann heißt das für mich: stark zu sein gegen die, die Hetze und Gewalt verbreiten; stark gegen jene, die die Vielfalt unseres Landes nicht wahrhaben wollen.“ Dabei gehe es auch um die Sprache und die Worte, die man benutze. „Mit Worten kann man das Gewaltpotenzial einer Gesellschaft aktivieren.“ Und man habe allzu oft erlebt, dass Worte zu Taten geworden seien. „Wenn Politiker glauben, verbal um den rechten Rand buhlen zu müssen; wenn auch Politiker die Grenzen zwischen dem Unsagbaren und dem Unsäglichen verschieben, dann befeuern sie damit auch die Gewalt.“ Der Brandanschlag von Solingen, der in der Zeit der „polarisierten und hasserfüllt geführten Debatte um die Asylpolitik“ geschehen sei, führe uns das drastisch vor Augen. Aber auch jeder Bürger habe eine Verantwortung, fügte der Bundespräsident hinzu. „Ich wünsche mir Mitmenschen, die an einer Bushaltestelle eingreifen, wenn ein Mädchen rassistisch beschimpft und attackiert wird. Die es nicht dulden, wenn an einer Schule Hakenkreuze an die Wände geschmiert werden. Die widersprechen, wenn Lügen, Hass und Hetze am Arbeitsplatz oder in sozialen Netzwerken, im Hausflur oder am Stammtisch verbreitet werden.“ Schweigen oder Gleichgültigkeit würden viel zu oft als stumme Zustimmung gedeutet. „Was wir stattdessen brauchen, sind Zivilcourage und Mut“, sagte Steinmeier.