Geteiltes Echo auf „Nationale Sicherheitsstrategie“

Die Vorstellung der "Nationalen Sicherheitsstrategie" der Bundesregierung am Mittwoch hat ein geteiltes Echo hervorgerufen.

Die Sicherheitsstrategie sei „ein Versprechen an unsere Partner in Europa und der Welt, dass Deutschland seiner europäischen Führungsrolle gerecht werden will und muss“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Sie dürfe „nicht wie manch anderes Grundlagenpapier in der Vergangenheit in der Schublade verstauben“.

Dem Nachrichtenportal „T-Online“ sagte Roth, er hätte sich eine deutlich schnellere Einigung gewünscht, das lange Verfahren sei der notwendigen Debatte über mehr Strategiefähigkeit „sicherlich nicht förderlich“ gewesen. Er forderte zudem ein neues Sicherheitsgremium: „Nach der Absage an einen Nationalen Sicherheitsrat werbe ich für einen Sachverständigenrat für Außen- und Sicherheitspolitik mit einem eigenen wissenschaftlichen Stab, der an den Bundestag angedockt ist und unsere Strategiefähigkeit und außen- und sicherheitspolitische Expertise stärkt.“ Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Nils Schmid, hält hingegen kein neues Gremium für nötig. „Jetzt gilt es, ressortübergreifendes, vorausschauendes Handeln folgen zu lassen. Entscheidend dafür ist der politische Wille und nicht irgendein neues Gremium“, sagte Schmid dem Nachrichtenportal „T-Online“. Innerhalb der Koalition drängt vor allem die FDP auf die Einrichtung von Sicherheitsgremien. „Nach dem Vorbild anderer Demokratien und im Sinne einer vernetzten Außen-, Verteidigungs- und Entwicklungspolitik wollen wir daher einen Nationalen Sicherheitsrat (NSR) einrichten, der die Verantwortung für eine außen- und sicherheitspolitische Gesamtstrategie trägt“, heißt es in einem Positionspapier des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Alexander Graf Lambsdorff und des außenpolitische Sprecher Ulrich Lechte, über das die „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Mittwochsausgabe) berichtet. Das Papier, das kommende Woche von der FDP-Fraktion beschlossen werden soll, sieht außerdem die Schaffung des Amtes eines Nationalen Sicherheitsberaters vor. Auch die Unionsfraktion im Bundestag kritisiert, dass das Papier der Bundesregierung keinen Sicherheitsrat vorsieht. „Eine Nationale Sicherheitsstrategie ohne Sicherheitsrat bleibt ein Torso“, sagte Fraktionsvize Johann Wadephul (CDU) dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Die Bundesregierung leiste sich eine „empfindliche Leerstelle“, die das gesamte Projekt einer Strategie infrage stelle. Die Bundesregierung habe zwar richtig erkannt, dass Deutschland mannigfachen Gefahren und Gefährdungen ausgesetzt sei – von einer militärischen Bedrohung über mögliche neue Pandemien bis zu den Auswirkungen des Klimawandels, so Wadephul. „Wer darauf aber angemessen reagieren will, braucht eine zentrale Stelle der Vorausschau und der Koordination von Abwehrreaktionen.“ Von den Grünen kommt dagegen vor allem Lob für das Konzeptpapier. „Die sicherheitspolitische Ausrichtung Deutschlands bedarf einer neuen Ausrichtung: wehrhaft, resilient, nachhaltig. Das ist der Kern Integrierter Sicherheit“, sagte der Außenpolitiker Jürgen Trittin (Grüne) dem Nachrichtenportal „T-Online“. Dies stehe im Mittelpunkt der ersten Nationalen Sicherheitsstrategie der Geschichte der Bundesrepublik. Auch der Vorsitzende des Europa-Ausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter, lobte, dass der Klimaschutz berücksichtigt werde. Klimakrise und Artensterben bedrohten Millionen Menschen weltweit ganz konkret und zögen Konflikte um begrenzte Ressourcen nach sich, sagte Hofreiter dem Nachrichtenportal „T-Online“. „Wer Sicherheit will, muss auch Klima und Umwelt schützen.“

Kritik an diesem Sicherheitsverständnis kommt von der AfD. „Die `Nationale Sicherheitsstrategie` ist eine enttäuschende Ansammlung von leeren Phrasen“, sagte AfD-Chefin Alice Weidel dem Nachrichtenportal „T-Online“. Sie verwässere den Sicherheitsbegriff mit „hohlen Schlagworten“ wie „integrierte Sicherheit“ bis zur völligen Beliebigkeit. Dem widersprach Linken-Chef Martin Schirdewan. „Keine der großen Krisen lässt sich mit Waffengewalt lösen“, sagte er dem Nachrichtenportal T-Online. „Im Gegenteil: Das neue Rüstungswettrennen zwischen den USA und China schafft neue Unsicherheit.“ Schirdewan kritisierte die Bundesregierung für eine fehlende internationale Kooperation bei der Erstellung des Papiers. „Ich halte es für einen Fehler, dass die Bundesregierung ihre Sicherheitsstrategie ohne Rücksprache mit den europäischen Partnern entwickelt hat“. „Nationale Alleingänge passen nicht in diese Zeit, denn die kommenden Krisen können wir nur bewältigen, wenn wir auf internationaler Ebene zusammenarbeiten.“ Auch aus den Bundesländern kommt Kritik an der Art und Weise, wie die Strategie erstellt worden ist. Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) bemängelte, dass „der Bund die Länder von Anfang an nicht grundlegend und auf Augenhöhe eingebunden“ habe. „Kriminalitätsbekämpfung, Gefahrenabwehr, Katastrophenschutz, Feuerwehren – bei all diesen Themen liegt die Expertise vor Ort“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Das gleiche gelte für die Cybersicherheit. „Eine Sicherheitsstrategie ohne Länder ist wie Nato ohne USA“, so Rhein.




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