„Dieses Temperaturziel ist unglaublich symbolträchtig. Trotzdem sollten wir nicht verzweifeln, wenn die Welt die 1,5 Grad überschreitet“, sagte der Physiker dem „Spiegel“.
Die Welt werde nicht untergehen, wenn sich die Welt um mehr als 1,5 Grad gegenüber dem industriellen Zeitalter erwärme. „Es wird jedoch eine gefährlichere Welt sein. Die Länder werden mit vielen Problemen kämpfen, es wird soziale Spannungen geben“, sagte der neue IPCC-Chef. Allerdings werde die Menschheit deshalb nicht aussterben. Der Brite beschäftigt sich seit mehr als 40 Jahren mit der Klimakrise und ist zudem Mitglied in verschiedenen politischen Klimagremien von Großbritannien. Er setzte sich gegen Mitbewerber aus Südafrika, Brasilien und Belgien durch. Skea will vor allem für pragmatische Lösungen in der Klimakrise werben. „Ich habe in den vergangenen Jahren gelernt, wie Wissenschaft in Politik übersetzt wird. Diese Erfahrungen werde ich natürlich auch in den Weltklimarat mit einbringen“, so der frisch gewählte IPCC-Chef. „Wir müssen weiter zu den physikalischen Grundlagen forschen, aber uns gleichzeitig noch mehr als bisher um die Lösungen kümmern.“ Für besonders wichtig hält der Forscher den Ausbau der erneuerbaren Energien, um klimaschädliche Kohlekraftwerke, Gasheizungen oder Erdöl in Industrie und Verkehr zu ersetzen. Aber auch auf technologische Lösungen wie die unterirdische Speicherung von CO2 (CCS) könne man längerfristig nicht verzichten. Bei der Veränderung des Lebensstils hat der Physiker auch eine klare Meinung: „Kein Wissenschaftler kann den Menschen vorschreiben, wie sie leben oder was sie essen sollen“, sagt Skea. Individueller Verzicht sei gut, werde aber den großen Wandel nicht herbeiführen. Damit man klimabewusster leben könne, bräuchte es eine ganz neue Infrastruktur.
„Das lähmt die Menschen“
Das ständige Zeichnen von Untergangsszenarien im Zusammenhang mit dem Klimawandel hält der Brite für nicht richtig. „Wenn man ständig nur die Botschaft aussendet, dass wir alle dem Untergang geweiht sind, dann lähmt das die Menschen und hält sie davon ab, die nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um mit dem Klimawandel fertig zu werden“, sagte er im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.
Er selbst habe mit Co-Autoren bei den jüngsten Berichten des Weltklimarats immer Wert darauf gelegt, den „Silberstreif am Horizont“ zu sehen. „Du Zukunft des Menschen liegt in unserer Hand. Nutzen wir das“, so Skea und bezieht sich damit auf die vorhandenen Techniken und Instrumente, um den Klimawandel einzudämmen. Diese seien vorhanden, sie müssten nur angewendet werden.
„Engagiert euch!“
Das sagt Skea an die Adresse aller Erdenbürger. „Jeder Einzelne kann etwas tun. Sitzt nicht auf dem Sofa und schaut Debatten über Klimawandel“. Skea empfiehlt, bei Bürgerinitiativen mitzuwirken oder auch in lokalen Behörden und Wahlen auf kommunaler Ebene aktiv zu sein: „Dort werden viele wichtige Entscheidungen getroffen“.
Auch der Weltklimarat (IPCC) müsse mehr tun, um seine Erkenntnisse besser als Handlungsgrundlage aufzubereiten. „Bei dieser ganzen Sache geht es um echte Menschen und ihr reales Leben, nicht um wissenschaftliche Abstraktionen“, sagte er. „Wir müssen ein Stück runterkommen.“