Wie eine Sprecherin des Gerichts auf Anfrage des Wirtschaftsmagazins „Capital“ mitteilte, seien aktuell bereits mehr als Tausende Anmeldungen früherer Wirecard-Aktionäre erfasst worden. Ferner stünden noch „mehrere Tausend“ Anmeldungen zur Bearbeitung an.
Bei den Beteiligten, die für diese Art Sammelklage zugelassen sind, handelt es sich um ehemalige Wirecard-Aktionäre, die nach dem Auffliegen des Bilanzbetrugs Mitte 2020 Einzelklagen gegen Ex-Wirecard-Manager und die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY eingelegt hatten. Das Musterverfahren sei „nach Dimension und Komplexität beispiellos“, sagte die Gerichtssprecherin. Um die eingegangenen Anmeldungen zu erfassen und fachlich zu prüfen, hat das Gericht bislang nur wenig Verstärkung erhalten. Es seien einige Richter von anderen bayerischen Gerichten „zu einem geringen Arbeitskraftanteil“ als wissenschaftliche Mitarbeiter abgeordnet worden, sagte die Gerichtssprecherin dem Magazin. Auch für die Erfassung der Anträge seien einzelne Justizbeschäftigte „teilabgeordnet“ worden. In Summe gehe es aber jeweils um weniger als drei zusätzliche Vollzeitstellen. Die Sprecherin warnte, dass das Gericht das Musterverfahren mit seinen heutigen Personalmitteln nicht bewältigen könne: Man werde eine „personelle Aufstockung sowohl im richterlichen als auch im nichtrichterlichen Unterstützungsbereich benötigen“, sagte sie. Angesichts der Flut an Einzelklagen nach der Pleite von Wirecard Mitte 2020 hatte das Bayerische Oberste Landesgericht später ein Musterverfahren angeordnet und dazu im März 2023 einen Musterkläger bestimmt. Als Musterbeklagte wurden zunächst acht Personen und Unternehmen benannt. Bis September lief dazu die Anmeldefrist. Später kamen noch ein weiterer Ex-Prüfer und ein weiterer Ex-Manager als Musterbeklagte hinzu. Gegen diese beiden Personen können Anleger noch bis April 2024 Ansprüche anmelden. Bis zum Abschluss des Musterverfahrens dürften noch viele Jahre vergehen.