Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) hat die Schulen aufgefordert, das Gedenken an den Holocaust lebendig zu halten. Das Leid von Juden „ist nicht Geschichte“, sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
„Gegen Antisemitismus und Judenhass vorzugehen, ist leider aktueller und notwendiger denn je.“ Es sei beschämend, wie massiv und ungeniert sich der Antisemitismus ausgerechnet in Deutschland zeige. Auf Straßen, in sozialen Medien, Universitäten und Schulen: Überall begegne uns Hass auf Juden.
Um die Erinnerung an den Holocaust lebendig zu halten, seien „engagierte Lehrkräfte und zeitgemäße Zugänge wie durch soziale Medien zentral“, so die Ministerin. Am diesjährigen Holocaust-Gedenktag erinnere Deutschland nicht nur an das Menschheitsverbrechen der Shoah, sondern gedenke auch der Menschen, die am 7. Oktober von Hamas-Terroristen ermordet wurden oder noch in Geiselhaft sind.
Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, mahnt unterdessen neue Formen für das Holocaust-Gedenken an: „Wir müssen neue Formate finden, um die breite Bevölkerung und insbesondere die junge Generation emotional anzusprechen“, sagte er.
Mehr als sieben Jahrzehnte nach dem Ende der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft gebe es heute nur noch wenige Überlebende, die persönlich Zeugnis ablegen und von den Verbrechen der Shoah berichten könnten. Erinnerung sei daher eine Herausforderung, so Klein.
Eine besondere Verantwortung sieht Klein bei den Gedenkstätten: „Sie sollten digitaler und auch mobiler werden, um gerade junge Menschen da `abzuholen`, wo sie sich gerne aufhalten – und zwar nicht nur in den Sozialen Medien, sondern auch ganz real im Sportverein oder in der Musikschule“, fordert der Antisemitismusbeauftragte. Um eine solche Erneuerung zu leisten, benötigten die Betreiber der Einrichtungen allerdings ein verlässliches Maß an Planungssicherheit von Bund und Ländern, gerade auch in finanzieller Hinsicht. Hier müsse der Staat besser werden.
Der Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Jens-Christian Wagner, sprach sich dafür aus, mit jungen Menschen Verbindungen zwischen der Zeit des Nationalsozialismus und heutigen Entwicklungen zu diskutieren. „Wenn wir diese Bezüge zwischen dem Nationalsozialismus und aktuellen Ereignissen herstellen, entwickeln junge Menschen Interesse für den Nationalsozialismus und seine Geschichte“, sagte er anlässlich des internationalen Holocaust-Gedenktags. „Das gilt auch für Besucher, die erst einmal mit einer `Null Bock`- oder `Interessiert mich nicht`-Haltung zu uns kommen.“
In der Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus und dem Holocaust müssten mit jungen Menschen Fragen diskutiert werden wie: „Wie haben die nationalsozialistische Diktatur und die nationalsozialistische Gesellschaft funktioniert?“ Anhand der Antworten könne auf die Gegenwart geblickt und geprüft werden, vom wem heute Rassismus, Antisemitismus und autoritäres Denken propagiert werde, sagte Wagner. „Damit sind wir inmitten heutiger Debatten angesichts des Erstarkens der AfD.“
Junge Menschen merkten an solchen Überlegungen, dass die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus grundlegend sei für das demokratische Zusammenleben heute. „Aber mit ritualisierten, pathoshaften Beschwörungsformeln und der klassischen Kranzniederlegung wird man junge Menschen nicht hinter ihrem Smartphone hervorholen“, sagte der Stiftungsleiter.