Schäuble-Memoiren: Merkel verhinderte Europäische Wirtschaftsunion

Der verstorbene ehemalige Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wirft in seinen kommende Woche erscheinenden Memoiren der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor, den Ausbau der Eurozone zu einer ausgeprägteren Wirtschaftsunion zu Beginn der Staatsschuldenkrise 2010 aus Angst vor Euroskeptikern in den eigenen Reihen vereitelt zu haben. Er habe in der Anfangsphase der europäischen Währungskrise gehofft, "die Gelegenheit zur Schaffung einer Währungsunion mit einer gemeinsamen Finanz-, Wirtschafts- und Sozialpolitik zu nutzen", schreibt Schäuble laut vorab in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS) veröffentlichten Auszügen.

Der verstorbene ehemalige Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wirft in seinen kommende Woche erscheinenden Memoiren der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor, den Ausbau der Eurozone zu einer ausgeprägteren Wirtschaftsunion zu Beginn der Staatsschuldenkrise 2010 aus Angst vor Euroskeptikern in den eigenen Reihen vereitelt zu haben.

Er habe in der Anfangsphase der europäischen Währungskrise gehofft, „die Gelegenheit zur Schaffung einer Währungsunion mit einer gemeinsamen Finanz-, Wirtschafts- und Sozialpolitik zu nutzen“, schreibt Schäuble laut vorab in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS) veröffentlichten Auszügen. „Ich hoffte, die Europäische Währungsunion über einen eigenen Währungsfonds – ähnlich dem IWF – zur Wirtschaftsunion weiterentwickeln zu können. Mit Merkel war es 2010 nicht zu machen.“

Die Strapazen um den Lissabon-Vertrag, mit dem die Scherben der gescheiterten europäischen Verfassung gerade erst mühsam aufgekehrt worden waren, hätten Merkel damals noch nachgehangen. „Die Aussicht, wegen des Währungsfonds, mit dem Vertragsänderungen einhergegangen wären, den Streit unter den europäischen Mitgliedstaaten neu anzufachen, konnte ihr nicht gefallen. Vor allem hatte sie kein Interesse am absehbaren Konflikt mit der eigenen Partei und in der Koalition, in der die Skeptiker einer fortschreitenden europäischen Integration stark waren.“

Dabei sei das Vorhaben auf europäischer und nationaler Ebene damals durchsetzbar gewesen, schreibt Schäuble. Der Kanzlerin habe „ihr Erfolg, eine lange nicht mehr für möglich gehaltene schwarz-gelbe Regierungsmehrheit erreicht zu haben, eine solch starke Stellung verschafft, dass sie in dieser Situation den Machtkampf nicht nur hätte wagen, sondern nach meiner Einschätzung auch bestehen können“. Hier habe sich das Verständnis von politischer Führung zwischen ihm und Merkel unterschieden. „Auch wenn ich durch meine Gespräche in der Eurogruppe glaube, dass das Projekt sogar auf europäischer Ebene durchsetzbar gewesen wäre, ging es gegen die eigene Kanzlerin, die im Kreis der Regierungschefs bereits von herausgehobener Bedeutung war, eben nicht.“

Merkel habe zu Beginn der Eurokrise auf strenge Einhaltung der bestehenden Verträge gepocht, was die Spielräume begrenzte, so Schäuble. „Während ich aktiv auf ein erstes Hilfspaket hinarbeitete, tendierte die Kanzlerin zu meinem Befremden schon damals dazu, der EZB den Ankauf von Staatsanleihen zu ermöglichen, um die Zinsunterschiede zwischen den Ländern zu senken.“ Er habe die Kanzlerin gewarnt, nicht zu viel auf die Aufgabenseite der europäischen Notenbank zu schieben. „Merkels Antwort darauf war typisch für ihren Führungsstil. Sie entgegnete bloß, mit allem, was die EZB zur Krisenbewältigung beitrage, müsse sie wegen deren Unabhängigkeit nicht in die Fraktion mit ihren kritischen Fragen. Solchen Auseinandersetzungen suchte sie auszuweichen.“




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