Die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl, hat vor einer Überbelastung der Bundeswehr gewarnt und sich für eine Reduzierung der Aufgaben ausgesprochen. „Die Bundeswehr ist enorm gefordert. Wir haben eine wirkliche Belastung der Truppe – bis hin zur Überlastung, es mangelt an Material und Personal“, sagte Högl den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
„Daher werbe ich dafür, Aufträge abzubauen und Einsätze zu beenden.“ Konkret nannte sie die Nato-Unterstützungsmission in der Ägäis. „Mit einem deutschen Kriegsschiff an der türkischen Küste zu patrouillieren, um Fluchtrouten zu überwachen, halte ich für entbehrlich“, sagte sie.
Högl lobte den Einsatz der Bundeswehr im Nahen Osten. Deutschland sei „nicht ganz unbeteiligt“ gewesen bei der Abwehr der Drohnen und Raketen, die der Iran auf Israel abgefeuert habe. „Die Luftwaffe hat bei der Betankung französischer Kampfjets im Rahmen der Operation ‚Inherent Resolve` geholfen“, sagte die SPD-Politikerin. Außerdem leiste die Bundeswehr einen wichtigen Beitrag, damit humanitäre Hilfe im Gazastreifen ankommt. „Wichtig ist auch, dass die Fregatte Hessen die Handelsrouten im Roten Meer vor den Angriffen der Huthi-Milizen schützt“, ergänzte sie.
Högl bekräftigte die Solidarität mit Israel. „Die Staatsraison darf keine leere Floskel sein. Wir müssen das unterfüttern mit konkreter Hilfe und Unterstützung“, sagte die SPD-Politikerin. „Wenn es die Lage gebietet und Israel um weitere Unterstützung bitten sollte, braucht es eine Debatte, wie diese konkret – zivil wie militärisch – aussehen kann.“
Zudem appellierte Högl an Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), die Finanzierung der Bundeswehr-Brigade in Litauen sicherzustellen. „Bisher ist die dauerhafte Stationierung einer Kampfbrigade in Litauen – bis auf eine Anschubfinanzierung – nicht im Verteidigungshaushalt hinterlegt und lässt sich auch nicht ohne weiteres daraus finanzieren“, sagte die SPD-Politikerin. „Die Brigade ist das Leuchtturmprojekt der Zeitenwende und muss solide finanziert werden.“
Damit rund 5.000 Soldaten möglichst freiwillig nach Litauen gingen, müssten die Rahmenbedingungen gut sein – „auch finanziell“. Es müsse für Soldaten und ihre Familien attraktiv sein, mehrere Jahre im Baltikum zu dienen und zu leben, sagte sie. Dazu gehörten ordentliche Unterkünfte, deutsche Schulen und Kindergärten sowie Arbeitsmöglichkeiten für die Partner. „Und wenn die Familie nicht mitkommt, muss das Pendeln erleichtert werden“, fügte sie hinzu. „Ich denke an Direktflüge von Vilnius in deutsche Großstädte. Genau darüber wird aktuell unter Hochdruck mit Litauen verhandelt.“
Högl bestritt, dass Deutschland durch die dauerhafte Stationierung einer Kampfbrigade an der russischen Grenze mehr ins Fadenkreuz von Russlands Präsident Wladimir Putin rückt. Vielmehr seien die Brigade in Litauen und die militärische Präsenz an der Ostflanke der Nato „eine wirksame und glaubhafte Abschreckung“.
Die Wehrbeauftragte fordert eine weitere Aufstockung der deutschen Verteidigungsausgaben. „In der Nato sind schon Debatten im Gange, die zwei Prozent als Untergrenze zu sehen“, sagte sie. „Ob zwei, zweieinhalb oder drei Prozent: Letztlich geht es darum, die Bundeswehr finanziell langfristig so auszustatten, dass sie vollständig einsatzbereit ist.“
Högl verwies auf einen Vorschlag der SPD-Bundestagsfraktion, ein neues „Sondervermögen“ für innere und äußere Sicherheit einzurichten. Eine andere Idee sei, die Schuldenbremse auszusetzen, entweder grundsätzlich oder gezielt für die Verteidigung. „Mir ist wichtig: Die Bundeswehr muss langfristig so finanziert werden, dass sie ihren Auftrag erfüllen kann.“
Die Einführung eines jährlichen Veteranentages begrüßt Högl. „Wir brauchen mehr Veteranenkultur in Deutschland.“ Es komme darauf an, Stolz, Dankbarkeit und Wertschätzung zum Ausdruck zu bringen. Dazu gehöre auch konkrete Hilfe, wenn es für die Veteranen und ihre Angehörigen einmal nicht gut laufe. Außerdem sei das Gedenken an die Einsätze, die Gefallenen und die Verwundeten wichtig.
Högl lobte außerdem die Einrichtung eines Veteranenbüros am Berliner Hauptbahnhof. Wenn die Soldaten „Lob und Anerkennung erfahren, etwa beim Bahnfahren, oder mal einen Kaffee umsonst bekommen – wunderbar“, so die Wehrbeauftragte.