Nach der Tötung zweier ukrainischer Soldaten im oberbayerischen Murnau sieht der CDU-Innenpolitiker Christoph de Vries zwar keine unmittelbare Bedrohung von Ukrainern in Deutschland, mahnt aber zu Wachsamkeit.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ruft er – auch mit Blick auf die jüngste Spionageaffäre der AfD – auf, die Befugnisse des Verfassungsschutzes zur Überwachung von Finanzbeziehungen und Geldströmen endlich zu erweitern. De Vries, der auch Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums und des Innenausschusses ist, sagte der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ): „Deutschland ist das Hauptziel russischer Einflussoperationen in Europa, aber das spielt sich mehr auf der Ebene der Desinformation ab, als dass es eine unmittelbare Bedrohung von Ukrainern in Deutschland gäbe.“
De Vries fügte hinzu: „Adressat der russischen Aktivitäten ist vor allem die deutsche Bevölkerung, weil Russland weiß, dass nicht unerhebliche Teile unserer Bevölkerung anfällig sind für seine Propaganda. Gleichwohl müssen wir die Besorgnis der ukrainischen Flüchtlinge und Soldaten ernst nehmen und wachsam sein.“
Am Wochenende waren zwei ukrainische Soldaten auf dem Gelände eines Einkaufszentrums in Murnau erstochen worden, die sich zur medizinischen Behandlung in Deutschland aufhielten. Die Polizei nahm kurz darauf einen Mann mit russischer Staatsbürgerschaft unter dringendem Tatverdacht fest. Die Generalstaatsanwaltschaft München ermittelt wegen zweifachen Mordes. Die Hintergründe der Tat sind bislang unklar, ein politischer Hintergrund konnte nicht völlig ausgeschlossen werden. An diesem Donnerstag findet in Murnau ein Gedenkgottesdienst für die beiden Männer statt.
Dazu sagte de Vries der FAZ: „Wir müssen erst einmal abwarten, ob die Tat einen persönlichen oder politischen Hintergrund hatte. Grundsätzlich gibt es in erhöhtem Maße Spannungen zwischen Menschen mit russischem und Menschen mit ukrainischem Hintergrund. Da übertragen sich Konflikte nach Deutschland. Das hängt auch damit zusammen, dass ein Teil der russischen Seite seit langem massiv von der Kremlpropaganda beeinflusst wird.“
Als Beispiel verwies der CDU-Politiker auf die Streamingformate des russischen Senders RT: „Wir haben allein im letzten Monat noch ungefähr sechs Millionen Klicks in Deutschland zu Streamingformaten von Russia Today gehabt. Das heißt, auch wenn der Fernsehsender selbst abgeschaltet ist, werden diese Formate weiterhin gesendet. Natürlich hinterlässt das Spuren bei den Menschen. Das erleben wir in diesem Bereich, das erleben wir in Teilen aus der Türkei, das erleben wir im Bereich der jungen Menschen durch islamistische Influencer. Da merken wir, dass wir als Rechtsstaat bislang relativ wehrlos sind und dringend umdenken müssen.“
Mit Blick auf die Maßnahmen, die er zur Eindämmung von Einflussnahme aus dem Ausland für notwendig hält, sagte de Vries: „Die gerade aufgedeckten Spionagefälle sind ein Indiz dafür, dass wir unsere Aktivitäten zur Spionageabwehr schon verstärkt haben. Gleichzeitig zeigen die Vorwürfe gegen die AfD-Politiker Bystron und Krah, dass der Verfassungsschutz dringend mehr Befugnisse bekommen muss, um Finanzbeziehungen und Geldströme besser aufklären zu können. So könnten wir viel gezielter gegen Einflussnahme vorgehen. Bei der geplanten Gesetzesänderung muss die Innenministerin endlich liefern.“
Desinformation müsse „durch personalstarke Stellen, die diese Kampagnen aufdecken und gegensteuern, indem die Falschmeldungen aufgedeckt und korrigiert werden“, begegnet werden. „Und dann müssen wir auch über Parteien wie die AfD und das BSW sprechen, die das Spiel Putins massiv betreiben und sich zu seinem willigen Gehilfen machen. Sie sind gefährlich für die Freiheit Europas“, sagte der CDU-Politiker.