Der Leiter des Instituts für Konflikt- und Gewaltforschung an der Universität Bielefeld, Andreas Zick, hat nach dem jüngsten Beschluss der Innenministerkonferenz davor gewarnt, im Kampf gegen Angriffe auf Politiker auf Strafverschärfungen zu setzen. Zwar hätten sich „nach Jahren der Polarisierung aggressive Feindbilder von Politik durchgesetzt“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Freitagausgaben).
Das gehe einher „mit einem gestiegenen Misstrauen gegen staatliche Institutionen und einer insgesamt höheren Billigung von politischer Gewalt in der Mitte der Gesellschaft“. Unter anderem die Europawahl sei nun „eine Gelegenheit für jene, die Feindbilder teilen und schon länger meinen, sie müssten ein Zeichen setzen“. Allerdings sei die Gewalt nicht neu, sondern reihe sich ein in eine lange Geschichte vor allem rechtsextremistischer Gewalt, fügte Zick hinzu. Und die meisten Fälle gelangten gar nicht in die Statistiken, weil sie nicht gemeldet würden und viele Politiker sich schon daran gewöhnt hätten.
Im Übrigen komme es darauf an, Gewaltprävention und Konfliktmanagement gerade auf lokaler Ebene zu fördern. Nötig sei „ein ordentliches Risikomanagement und Schutzsystem“. Der Konfliktforscher betonte: „Wenn die Politik sich jetzt einen Streit darüber leistet, wer die härtesten Strafen verkündet, dann trägt das nicht zur Gewaltprävention bei. Das hat es noch nie getan. Es ist vielmehr Wasser auf die Mühlen von Populisten, die behaupten werden, die Politik habe die Kontrolle verloren.“
Die Innenministerkonferenz hatte die Attacken der vergangenen Tage am Dienstagabend scharf verurteilt und zu einer Rückkehr zu einem gewaltfreien politischen Diskurs aufgerufen. Die Runde sprach sich aber auch für Verschärfungen des Strafrechts aus, um Angriffe konsequenter zu ahnden und insbesondere Kommunal- und Europapolitiker besser zu schützen. Die Möglichkeit, mehr Polizisten zum Schutz von Politikern abzustellen, wurde allgemein eher kritisch beurteilt.