FDP-Chef Christian Lindner hat sich gegen ein AfD-Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht gestellt. „Die Hürden für das Verbot einer Partei sind sehr hoch“, sagte Lindner den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Freitagausgaben). „Am Ende des Tages sollte nicht durch eine Abweisung eines Verbotsantrags der AfD ein Persilschein ausgestellt werden.“
Die Auseinandersetzung mit der Partei müsse nach seiner Überzeugung „im demokratischen Wettbewerb erfolgen, damit sich die AfD nicht als Opfer inszenieren kann“, so Lindner. Man müsse sich um diejenigen Wähler der AfD, die erreichbar seien, bemühen. „Und zwar nicht nur mit dem moralischen Zeigefinger, sondern auch mit konkreten Lösungen. Ich empfehle nüchterne, sachliche Härte.“
Viele Leute wählte die AfD aus Frust über ungeregelte Migration seit der Ära von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), fügte Lindner hinzu. Inzwischen gebe es aber einen „neuen Realismus“ in der europäischen Flüchtlingspolitik. „In Deutschland haben wir auf meinen Vorschlag zum Beispiel das Asylbewerberleistungsgesetz so verändert, dass die Anziehungskraft unseres Sozialstaats reduziert wird.“
Lindner wollte der AfD keine Mitverantwortung für die jüngsten Angriffe auf Politiker in Deutschland geben. „Die AfD ist in den vergangenen Jahren ebenfalls Opfer und Objekt von Gewalt geworden“, hob er hervor. Es gebe insgesamt eine Verrohung, wo auch die Grenze zur Gewalt überschritten werde. „Alle sind gefordert, sich dagegen zu wenden. Wer das heute nicht tut, kann morgen das nächste Opfer sein.“
Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat am Montag bestätigt, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD und die „Junge Alternative“ (JA) Beobachtung als Verdachtsfall beobachten darf. „Der Rauchmelder der Verfassung schrillt“, sagte der vorsitzende Richter.
In seiner Urteilsbegründung schreibt das Gericht, dass hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die AfD Bestrebungen verfolgt, die gegen die Menschenwürde bestimmter Personengruppen gerichtet sind. Es bestehe der begründete Verdacht, dass ein maßgeblicher Teil der AfD das Ziel verfolge, deutschen Staatsangehörigen mit Migrationshintergrund nur einen rechtlich abgewerteten Status zuzuerkennen. Dies stelle eine nach dem Grundgesetz unzulässige Diskriminierung aufgrund der Abstammung dar, die mit der Menschenwürdegarantie nicht zu vereinbaren sei, so das Gericht.