Das marode Atommülllager Asse II in Niedersachsen droht abzusaufen. Wie der „Spiegel“ berichtet, sind im April noch größere Mengen Wasser als bislang befürchtet in die Kavernen des ehemaligen Bergwerks eingedrungen und dort verschwunden.
Wie die Betreiberin der Anlage, die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) dem „Spiegel“ bestätigte, lässt sich mehr als die Hälfte des eindringenden Wassers nicht mehr aufhalten. Das sind den Angaben zufolge mehr als sechs Kubikmeter pro Tag. Eine Folie, die in der Tiefe das Wasser stoppen soll, ist undicht. Auch kann das Wasser nicht mehr nach oben gepumpt werden, weil es möglicherweise durch die radioaktiven Abfälle kontaminiert wurde. In der Asse droht die Lage außer Kontrolle zu geraten. Das umstrittene Atommülllager könnte schneller volllaufen, als es in den schlimmsten Szenarien der BGE beschrieben wurde. Offenbar ist es unter diesen Bedingungen kaum mehr möglich, den Atommüll aus der Asse zu bergen.
Die BGE erwägt deshalb nach Informationen von Insidern als eine Option, das ehemalige Salzbergwerk gezielt zu fluten und womöglich für immer zu verschließen. Die Verantwortlichen des Bundesamts für die Sicherheit der Nuklearen Entsorgung (BASE) wurden dem Vernehmen nach an Christi Himmelfahrt durch eine Mitteilung der BGE überrascht und massiv verärgert. Auf „Spiegel“-Anfrage schreibt die Betreibergesellschaft: „Die BGE verfolgt die Rückholung der radioaktiven Abfälle weiter.“ Wie sich aber die Ereignisse auf Kosten und Zeitplan der geplanten Müllbergung auswirken werden, könne man derzeit noch nicht beantworten.
Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne) zeigte sich verärgert: „Ich bin besorgt“, sagt er dem „Spiegel“, „das Atomdesaster in der Asse schreibt ein neues Kapitel.“ Die Betreiberin müsse nun „schnellstmöglich Maßnahmen ergreifen, um die unkontrollierte Ausbreitung von Salzlösung im Bergwerk zu verhindern und die Rückholung der radioaktiven Abfälle aus der Asse nicht zu gefährden“.