Antidiskriminierungsstelle verzeichnet Rekordhoch an Anfragen

Die Beratungsanfragen an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes haben ein Rekordhoch erreicht.

Die Beratungsanfragen an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes haben ein Rekordhoch erreicht. Rund 10.800 Menschen haben sich 2023 an das Beratungsteam der unabhängigen Antidiskriminierungsstelle des Bundes gewendet, wie diese am Dienstag mitteilte. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht dies einem Anstieg um 22 Prozent.

Die meisten Anfragen (rund 3.400) erreichten die Antidiskriminierungsstelle zu rassistischer Diskriminierung. Diese Fälle machen etwa 41 Prozent und damit zwei Fünftel aller Anfragen aus. An nächster Stelle folgt mit knapp über 2.000 Anfragen das Diskriminierungsmerkmal „Behinderungen und chronische Krankheiten“ (25 Prozent). Diskriminierungserfahrungen wegen des Geschlechts oder der Geschlechtsidentität liegen bei etwas weniger als 2.000 Anfragen vor (24 Prozent).

Die Beratungsanfragen zu allen anderen Diskriminierungsgründen haben 2023 ebenfalls zugenommen. So gab es zum Merkmal Alter mehr als 1.100 (14 Prozent der Anfragen), zu Religion und Weltanschauung mehr als 600 (sieben Prozent) und zur sexuellen Identität rund 300 (vier Prozent) Anfragen.

„Unsere Fallzahlen zeigen einen alarmierenden Trend“, sagte die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, am Dienstag in Berlin. „Mehr Menschen als je zuvor bekommen die zunehmende gesellschaftliche Polarisierung und Radikalisierung unmittelbar zu spüren. Die Lage ist ernst.“

Mittlerweile sei „Ausländer-Raus“-Stimmung und Menschenverachtung normal geworden, so Ataman. „Nicht nur beim Feiern auf Sylt oder auf Volksfesten.“ Migranten, Menschen mit Behinderungen und queere Menschen erlebten sie „ganz konkret in ihrem Alltag, und das knallhart“, erklärte die Beauftragte. „Doch Diskriminierung ist nicht nur ein Problem derjenigen, die sie erleben. Diskriminierung gefährdet die Demokratie und unseren Rechtsstaat als Ganzes: Wer die Demokratie schützen will, muss Menschen besser vor Diskriminierung schützen.“

Ataman forderte die Bundesregierung dazu auf, nun rasch die im Koalitionsvertrag versprochene Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes anzugehen. Ein besserer Schutz vor Diskriminierung sei angesichts der explodierenden Fallzahlen „überfällig“, sagte Ataman. „Die Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes muss jetzt oberste Priorität haben. Das darf jetzt nicht weiter verschleppt werden.“ Sie erwarte von der Bundesregierung entschlossenes Handeln gegen den alltäglichen Hass und Rassismus. „Das ist die Regierung den Betroffenen schuldig“.

Von den 10.772 Beratungsantragen betrafen 8.303 mindestens ein im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geschütztes Diskriminierungsmerkmal. Der größte Teil der geschilderten Diskriminierungserfahrungen finde im Arbeitsleben statt, so die unabhängige Stelle im Familienministerium. Mit mehr als 2.600 Fällen betrifft dies ein Drittel aller Fälle. Diskriminierungen im Bereich „Arbeit“ fallen grundsätzlich in den Anwendungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.

Der Lebensbereich „Private Dienstleistungen und Zugang zu Gütern“ machte der Antidiskriminierungsstelle zufolge mit mehr als 1.500 Anfragen den zweitgrößten Teil des Beratungsaufkommens aus. Rechnet man hier die 325 Anfragen zu diskriminierenden Erfahrungen auf dem Wohnungsmarkt hinzu, dann betrifft fast ein Viertel der Anfragen den privatrechtlichen Geschäftsverkehr (23 Prozent). Diskriminierungen auf dem Wohnungsmarkt fallen ebenfalls in den Anwendungsbereich des AGG.

Diskriminierungserfahrungen durch Ämter und Behörden sowie Polizei und Justiz machten fast ein Fünftel aller Beratungsanfragen aus, hieß es. So sahen sich mehr als 1.100 Betroffene von Ämtern und Behörden diskriminiert (14 Prozent) und mehr als 400 durch die Polizei und die Justiz (fünf Prozent). Diesen zentralen Bereich umfasst der Diskriminierungsschutz im AGG jedoch nicht.

Anfragen wegen diskriminierender Erfahrungen im öffentlichen Raum und in der Freizeit machten mit 840 Fällen weitere 10 Prozent aller Anfragen aus. Außerdem erhielt die Antidiskriminierungsstelle Beschwerden über diskriminierende Aussagen und menschenfeindliche Beleidigungen in den (sozialen) Medien und im Internet (circa 280 Anfragen). Auch hier ist das AGG nicht anwendbar.




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