Bundesbank-Präsident Joachim Nagel hat ein späteres Renteneintrittsalter gefordert, um auf den demografischen Wandel zu reagieren. Die Bundesbank gehe davon aus, „dass wir in einer alternden Gesellschaft den Wohlstand nicht erhalten können, ohne Veränderungen vorzunehmen“, sagte Nagel dem „Tagesspiegel“ (Mittwochausgabe).
Die Rente mit 63 fördere den vorzeitigen Renteneintritt, behauptete der Bundesbank-Präsident. Angesichts der demografischen Aussichten wäre es aber wichtig, Arbeitskräfte zu mobilisieren. „Ich bin auch der Auffassung, dass es angemessen wäre, beim gesetzlichen Rentenalter grundsätzlich die steigende Lebenserwartung zu berücksichtigen“, sagte Nagel. „Das mag politisch unpopulär sein, aber ich glaube, an dieser Stelle sind Reformen unumgänglich.“ Rentnern solle es zudem erleichtert werden, neben der Rente weiterzuarbeiten, schlägt der Bundesbank-Präsident vor.
„Wir müssen grundsätzlich dafür sorgen, dass alle Menschen, die gerne arbeiten würden, auch arbeiten können“, mahnte er. Dazu sei es nötig, die Kinderbetreuung ausbauen und für Zuwanderung zu sorgen. Deutschland müsse außerdem für ausländische Fachkräfte attraktiv bleiben, „sonst werden wir die Fachkräftelücke nicht schließen“, sagte Nagel.
Der Notenbanker warnte davor, den Wirtschaftsstandort Deutschland schlechtzureden. „Es ist richtig, wir haben Probleme“, sagte Nagel. „Aber wir haben auch große Chancen.“ Das Wirtschaftswachstum werde langsam stärker, die deutschen Unternehmen seien sehr innovationsfähig. Die Auftragslage der Industrie scheine sich in der Grundtendenz zu stabilisieren, auch der Konsum dürfte bald wieder anziehen. „Deutschland könnte eine gute Turn-Around-Story werden, also eine Erfolgsgeschichte, wenn die strukturellen Probleme beherzt angegangen und gelöst werden“, sagte der Bundesbank-Präsident.