Geheimgutachten belastet Thüringer AfD

Der Thüringer Verfassungsschutz hat den Landesverband der AfD in einem geheimen Vermerk von Ende Juni als "kämpferisch-aggressiv" eingeordnet.

Der Thüringer Verfassungsschutz hat den Landesverband der AfD in einem geheimen Vermerk von Ende Juni als „kämpferisch-aggressiv“ eingeordnet. Die „Welt am Sonntag“ wird an diesem Wochenende über das Dokument schreiben, das dem Innenministerium des Landes übermittelt wurde.

Demnach schüre die AfD in Thüringen „beständig“ die Ablehnung der „verfassungsmäßigen staatlichen Ordnung“. Der Verband falle durch „Diffamierungen staatlicher Institutionen und der sie tragenden Parteien“ auf. Die AfD schüre die Auffassung, dass die Ursache für Missstände „im Wesen des demokratischen Rechtsstaats“ liege. Dazu kämen Behauptungen, nach denen „fremde Mächte“ Deutschland kontrollieren und das deutsche Volk zerstören wollten, wie die Sicherheitsbehörde in dem Bericht an das ihr übergeordnete Ministerium aufzählt.

Die Charakterisierung als „kämpferisch-aggressiv“ geht über die reine für eine Beobachtung durch Geheimdienste nötige Feststellung verfassungsfeindlicher Bestrebungen hinaus. Die schärfere Wortwahl wird in der Praxis von Behörden häufig bemüht, um ein Vereinsverbot zu begründen. Daher könnte das Gutachten des Verfassungsschutzes der Diskussion um ein Parteiverbot der AfD neue Nahrung bieten.

Die Behörde hatte das Gutachten erstellt, weil im vergangenen Jahr das Landratsamt des Saale-Orla-Kreises im Südosten Thüringens einem AfD-Mitglied verboten hatte, eine Waffe zu führen. Die Behörde begründete das mit der „fehlenden waffenrechtlichen Zuverlässigkeit“ des Betroffenen. Sie verwies auf die Einstufung des AfD-Landesverbandes als „gesichert rechtsextremistisch“. Das AfD-Mitglied zog vor das Verwaltungsgericht Gera – und bekam dort Recht.

Auch vor dem Oberverwaltungsgericht blieben im Februar dieses Jahres entschiedene Zweifel bestehen: Es gebe zwar sehr wohl Anhaltspunkte für eine verfassungswidrige Ausrichtung des AfD-Landesverbandes. Es fehle jedoch an der „erforderlichen Feststellung einer waffenrechtlich relevanten, kämpferisch-aggressiven Haltung“ der AfD, um dem Mann seine Waffen wegzunehmen. Das Urteil war eine Schlappe für das Innenministerium und den Verfassungsschutz.

Die Behörde trug in dem Geheimgutachten nun 35 Einzelaussagen von AfD-Funktionären zusammen, die eine „kämpferisch-aggressive“ Haltung belegen sollen. 31 dieser Aussagen stammen von Landeschef Höcke selbst. Der Thüringer Verfassungsschutz teilte auf Anfrage der „Welt am Sonntag“ mit, im Falle der Frage nach der „kämpferisch-aggressiven Haltung“ sei die Prüfung „noch nicht abgeschlossen“. Verfassungsschutz und Innenministerium würden die rechtlichen Fragestellungen aktuell bewerten. Der Chef des Thüringer Verfassungsschutzes, Stephan Kramer, hatte sich in der Vergangenheit als entschlossener Gegner der AfD positioniert. „Sie wollen die Regierung bezwingen, den Staat, und das ganze System, das in der Bundesrepublik Deutschland eingerichtet wurde“, sagte er in einem Interview im vergangenen Sommer mit einem israelischen TV-Sender.




Das könnte Ihnen auch gefallen:

Werbung

Nach oben scrollen