Um einen immer weiteren Anstieg der Krankenkassenbeiträge zu verhindern, fordert der Ökonom Jochen Pimpertz vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln, in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) mehr auf Wettbewerb und Preissignale für die Versicherten zu setzen. Eine freie Arztwahl will er nur noch gegen einen Aufpreis ermöglichen.
Die GKV „leidet an einem überproportional starken Wachstum der Ausgaben“, schreibt Pimpertz im Impulspapier „Mut zu neuen Ideen. Für eine dauerhafte Verlässlichkeit unseres Gesundheitswesens“, über das der „Tagesspiegel“ berichtet. Pro Kopf stiegen die Ausgaben „seit über zwei Dekaden jedes Jahr um einen Prozentpunkt stärker als die beitragspflichtigen Einkommen“, so Pimpertz in dem Papier der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung.
Konkret schlägt der Forscher vor, dass die Kassen ihren Versicherten günstigere Tarife anbieten, die zum Besuch bestimmter Haus- und Fachärzte verpflichten. Die freie Arztwahl gäbe es dann nur noch gegen Aufpreis. Zugleich will es Pimpertz den Kassen erlauben, mit jenen niedergelassenen Ärzten, die durch dieses System bevorzugt Patienten zugeführt bekommen, individuelle Verträge abzuschließen. Durch die höhere Planbarkeit könnten sie ihre Arztpraxen effizienter gestalten und somit günstigere Tarife anbieten, ist der Forscher überzeugt.
Unterstützung erhält Pimpertz vom zweiten Autor des Impulspapiers. Im derzeitigen System fänden sehr viele unnötige Patienten-Arzt-Kontakte statt, ein Grund dafür sei das „Ärzte-Hopping“ mancher Patienten, kritisiert Josef Hecken, der den Gemeinsamen Bundesausschuss des deutschen Gesundheitswesens leitet. Der Ausschuss legt den Leistungsanspruch der gesetzlich Versicherten fest.
Hecken verweist darauf, dass das sogenannte „Hausarzt-Modell“, bei dem Patienten stets zunächst ihren Hausarzt konsultieren, der bei Bedarf an Fachärzte überweist, in Baden-Württemberg die Zahl der unkoordinierten Facharztkontakte um 45 Prozent gesenkt habe. Hecken plädiert deshalb dafür, die hausarztzentrierte Versorgung noch stärker in den Fokus zu rücken und zum zwingenden Bestandteil der Regelversorgung zu machen.
Der frühere Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) lobt die Ideen: „Gerade wer den solidarischen Charakter unseres Gesundheitswesens erhalten will“, müsse angesichts des demografischen Wandels beherzt nach Möglichkeiten suchen, den Einsatz von Personal und finanziellen Mitteln stetig wirksamer zu gestalten, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung dem „Tagesspiegel“.
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