Der Berliner Soziologe Andreas Reckwitz appelliert an die Politik, offensiver mit Verlusten umzugehen, die sich aus Krieg, Wirtschaftskrise und Klimawandel für die Menschen ergeben.
Auf die Frage, ob Friedrich Merz im Falle seiner Wahl zum Bundeskanzler über seine Regierungserklärung schreiben solle: „Für eine kluge Politik im `Zeitalter der Verluste`“, sagte Reckwitz dem „Stern“: „Das wäre sicher mutig. Mit einer solchen Überschrift würde sich die Politik zumindest ehrlich machen und die Verluste nicht mehr einfach wegreden.“ Die Politik müsse intensiver über „Mechanismen des Verlustausgleichs“ nachdenken, so Reckwitz. Es ist „für eine Gesellschaft langfristig riskant, wenn manche Gruppen auf ihren Verlusten sitzen bleiben“.
Reckwitz sieht in den umfassenden Verlusterfahrungen aus Krieg, Klimakrise, Inflation und kulturellem Wandel die gemeinsame Ursache für den Erdrutschsieg von Donald Trump in den USA wie auch für den Zusammenbruch der Ampel-Koalition in Deutschland.
Als Reaktion auf die „Verlusteskalation“ erstarke der Populismus, der alles aus ein „Täter-Opfer-Narrativ“ zuspitze. Dahinter stecke „eine sehr wirksame Form der Gefühlsbewirtschaftung“, Populismus sei „politisches Verlustunternehmertum“, so Reckwitz. Die etablierten Parteien müssten nun Gewinnern und Verlierern des Wandels gleichermaßen ein Angebot machen: „eine enorme politische Herausforderung“.
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