Wenige Tage vor der Abstimmung im Europaparlament spitzt sich der Streit um einen geplanten EU-Ethikrat zu. Umstritten ist die Vorgabe, dass die neue Institution nicht nur Standards für den Kampf gegen Korruption und Interessenkonflikte festlegen, sondern auch Einzelfälle beurteilen soll.
„Dadurch könnten Parlamentarier auch dann an den Pranger gestellt werden, wenn sie sich nichts haben zuschulden kommen lassen“, sagte der CDU-Europaabgeordnete Sven Simon dem „Spiegel“. „Es beschädigt die parlamentarische Demokratie, wenn frei gewählte Abgeordnete einer anlasslosen Überwachung durch die Exekutive unterworfen werden sollen.“
Sein grüner Kollege Daniel Freund dagegen hält Prüfregeln für unverzichtbar. „Die bisherige Selbstkontrolle hat nicht funktioniert“, sagte er. „Das Parlament hat sich hohe Standards gegeben, die aber nur unzureichend durchgesetzt werden.“
Einer der Auslöser für die Einrichtung eines Ethikrats war Katargate, der 2022 aufgekommene Bestechungsskandal um die damalige Parlaments-Vizepräsidentin Eva Kaili, die bis heute ihre Unschuld beteuert. Ihre Amtskollegin Katarina Barley (SPD) sagte: „Wir müssen den Bürgern beweisen, dass Affären nicht ohne Konsequenzen bleiben.“ Die heutigen Regeln und Mechanismen seien nicht ausreichend.
Der Entwurf sieht vor, dass ein Ethikrat aus fünf unabhängigen Experten mögliche Interessenkonflikte in Kommission, EU-Behörden oder im Parlament untersuchen und bewerten soll. Er wird tätig, sobald er von einer der beteiligten Institutionen angerufen wird. Befürworter und Gegner des Vorschlags haben im zuständigen Parlamentsausschuss ähnlich viele Stimmen.