Der Wirtschaftswissenschaftler und Nobelpreisträger Muhammad Yunus leitet die neue Übergangsregierung in Bangladesch. Der 84-Jährige legte am Donnerstagabend (Ortszeit) seinen Amtseid ab, er war dafür extra aus Europa in das asiatische Land zurückgekehrt.
Er folgt damit de-facto auf die zurückgetretene Premierministerin Scheich Hasina Wajed, die am Montag aus ihrem Regierungspalast geflüchtet und sich mit einem Hubschrauber nach Indien abgesetzt hatte.
Zuvor waren bei Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten seit Juli mindestens etwa 280 Menschen ums Leben gekommen. Die Proteste waren ursprünglich von Studenten organisiert worden, die zunächst forderten, Quoten im öffentlichen Dienst abzuschaffen, die Verwandten der Veteranen des Unabhängigkeitskriegs Bangladeschs gegen Pakistan im Jahr 1971 zu Gute kommen. Der Großteil der Quote war von der Regierung zurückgenommen worden, die Proteste gingen trotzdem weiter.
In Bangladesch leben fast 170 Millionen Menschen auf einer Fläche die weniger als halb so groß ist wie Deutschland, es ist der Flächenstaat mit der weltweit höchsten Bevölkerungsdichte. Das Land ist nach China der zweitgrößte Textil- und Bekleidungsproduzent und für Europa ein wichtiger Zulieferer. Der Anteil der Menschen, die unterhalb der nationalen Armutsgrenze leben, konnte in den Jahren zwischen 2000 und 2016 halbiert werden, trotzdem erreicht das Wachstum nicht alle Menschen.
Yunus ist Gründer und ehemaliger Geschäftsführer der Mikrokredite vergebenden Grameen Bank und damit einer der Begründer des Mikrofinanz-Gedankens. 2006 wurde er mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.