Ungarischer Geheimdienst fürchtet Taliban-Einfluss auf Balkanroute

Der ungarische Geheimdienst fürchtet offenbar, davor, dass die islamistischen Taliban die Kontrolle über das Schleusergeschäft auf der Balkanroute anstreben könnten.

Das berichtet die „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf ein ungarisches Geheimdienstdossier. Es bestehe seit dem Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel ein „erhöhtes Terrorrisiko, eng verknüpft mit dem Einwanderungsdruck“, heißt es.

Die Wege der undokumentierten Migration über die Balkanroute könnten „von terroristischen Netzwerken“ genutzt werden. Einige der zunehmend gewaltbereiten Schleuserbanden stünden unter dem Einfluss der Taliban, die seit August 2021 die Kontrolle über Afghanistan ausübt, hieß es weiter. Demnach seien „Anführer und Mitglieder“ bestimmter Schleusergruppen „verwandt“ mit Personen der afghanischen Taliban-Regierung und ihrem militanten Haqqani-Netzwerk. Die Schmuggler würden „unter direkter Aufsicht des Taliban-Geheimdienstes“ stehen. Gerald Tatzgern, Leiter der Abteilung gegen Schlepperei im österreichischen Bundeskriminalamt, sagte der „Welt am Sonntag“, ob die Taliban tatsächlich involviert seien, müsse jetzt herausgefunden werden. „Auszuschließen ist dies bisher nicht. Für die Taliban könnte es ein schnelles lukratives und Geschäft sein“, glaubt Tatzgern. „Besonders vor dem Hintergrund, dass Pakistan bis zu 1,7 Millionen Afghanen ausweist, wovon einige nach Europa geschleppt werden wollen. Wegen der hohen Anzahl an afghanischen Staatsangehörigen kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch radikalisierte Personen darunter seien.“ Österreichs Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) mahnte: „Schlepper sind ein Zweig der Organisierten Kriminalität, die die hohen Gewinne aus dieser menschenverachtenden Tätigkeit in weitere illegale Geschäftsfelder investieren – wie etwa Waffenhandel und Terrorismus.“ Deshalb müssten europäische Staaten „im Kampf gegen diese Kriminellen eng“ zusammenarbeiten. In dem Dokument warnen die Agenten zudem davor, dass Afghanen auch „problemlos“ einen tadschikischen Pass erhalten, visafrei nach Moskau gelangen und dann nach Belgrad reisen können. Dadurch könnten Mitglieder des Islamischen Staates (IS), al-Qaida und Haqqani-Netwerks „nahezu unbemerkt in die Europäische Union“ eindringen. Politikwissenschaftler Nicolas Stockhammer sieht „durchaus ein Potenzial“, dass Terroristen „über den Balkan unbemerkt einzureisen versuchen“. Das hätte auch „insbesondere mit dem derzeitigen Nahostkonflikt und entsprechend erhöhten Aktivitäten von al-Qaida und IS“ zu tun. Stockhammer schließt ebenfalls einen Einstieg der Taliban in das Schlepperwesen nicht aus. Es könnte für die Islamisten eine „lohnenswerte Einkommensquelle sein, da man womöglich erkannt hat, dass vermehrt Menschen aus Afghanistan in die EU einzureisen versuchen“, sagte er der Zeitung. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) plädierte für mehr Grenzschutz. „Auch wenn wir den Geheimdienstbericht nicht verifizieren können, ist doch offensichtlich: Ein robuster Außengrenzschutz ist für die Sicherheit Europas und das Funktionieren unseres grenzenlosen Schengen-Raums essentiell.“ Denn „nur wenn die Außengrenzen sicher sind, können wir auf die Binnengrenzkontrollen verzichten“, so Herrmann. „Andernfalls lassen wir zu, dass sich neben Schleusern und anderen Schwerkriminellen auch Terroristen Sicherheitslücken zu Nutze machen können“, mahnt der bayerische Innenminister.

Asylsuchende müssten bereits an den EU-Außengrenzen „ordnungsgemäß registriert“ sowie einer „Identitäts- und Sicherheitsüberprüfung“ unterzogen werden. Die Bundesregierung müsse sich daher bei der Reform des europäischen Asylsystems (GEAS) „dafür einsetzen, dass das von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Screening-Verfahren an den Außengrenzen kommt und zügig umgesetzt“ werde. „Ebenso wichtig ist in diesem Zusammenhang die künftige Durchführung von Asylverfahren an den Außengrenzen, gerade für Personen, bei denen Gründe für die Annahme bestehen, dass sie eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung der Mitgliedstaaten darstellen“, so der Minister weiter.




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