Vor dem Hintergrund weiter zunehmender Spannungen mit Moskau schätzen das deutsche und schwedische Militär die militärische Bedrohungssituation als extrem ernst ein. „Was auf uns zukommen kann, müssen wir als das benennen, was es ist: Krieg“, sagte Carsten Breuer, der Generalinspekteur der Bundeswehr, dem „Tagesspiegel“ (Montagausgabe).
„Wir müssen uns leider an eine neue Normalität gewöhnen, in der vielleicht über viele Jahre die Gefahr eines drohenden Krieges gegen uns besteht“, ergänzte der schwedische Generalstabschef Michael Claesson. Gemeinsam riefen sie dazu auf, insbesondere in Europa mehr für Sicherheit und Verteidigung zu tun und damit die Abschreckungswirkung zu erhöhen.
„Im Vergleich zum Kalten Krieg muss man leider feststellen, dass die Lage heute unübersichtlicher und gefährlicher ist – vor allem auch mit Blick auf Russland“, so Breuer weiter und verwies dabei auf eingespielte Kommunikationskanäle früherer Zeiten: „Selbst in einer atomaren Bedrohungslage gab es das rote Telefon und Gesprächspartner, die man kannte.“ Heute gebe es „diese Drähte nicht, was die Situation viel unübersichtlicher und damit unsicherer macht“.
Mit seinen jüngsten Atomdrohungen wolle Russland „vor allem Angst schüren“, sagte Claesson. Außerdem sollten sie „vom eigenen Völkerrechtsbruch und dem legitimen Selbstverteidigungsrecht der Ukraine ablenken“, wie Breuer erklärte: „Ich rate auch deshalb zur Gelassenheit. Trotzdem darf man die Drohungen nicht unterschätzen.“
Als militärischer Planer, der die Aufrüstung der russischen Armee und das Auffüllen von Munitionsdepots beobachte, müsse er aber „vom schlimmsten Fall ausgehen, dass Russland sich so für einen Angriff auf uns rüsten könnte“. Er benenne die Bedrohung so klar, damit die Bürger „sich nicht von Verharmlosungen verleiten lassen“.
Als Anrainerstaaten der Ostsee verzeichnen das deutsche wie das schwedische Militär eine starke Zunahme der dortigen russischen Aktivitäten. „Sorgen bereitet uns insbesondere die Schattenflotte – so bezeichnen wir angebliche Handels- oder Forschungsschiffe, die alles andere als Handel und Forschung im Sinn haben“, erklärte Claesson dem „Tagesspiegel“: „Auch Kriegsschiffe von mit Russland verbundenen Ländern durchfahren die Ostsee viel häufiger als früher.“
Breuer bezeichnete es als „äußerst realistisch“, weil zuletzt „Unterseekabel beschädigt, wenn nicht absichtlich zerstört“ worden seien, „einen hybriden Angriff“ in Erwägung zu ziehen: „Gerade im Ostseeraum sehen wir die hybride Kriegführung von russischer Seite besonders klar.“
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