Ausrüstungslücken der Bundeswehr bis 2030 nicht zu schließen

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) rechnet nicht damit, die Ausrüstungsmängel der Bundeswehr in diesem Jahrzehnt beheben zu können.

„Wir wissen alle, dass die vorhandenen Lücken bis 2030 nicht vollends geschlossen werden können“, sagte Pistorius der „Welt am Sonntag“. „Es wird Jahre dauern. Darüber sind sich alle im Klaren.“

Die Lücken seien in den vergangenen 30 Jahren gerissen worden. Um sie schnell zu schließen, fehle es an Geld und Produktionskapazitäten der Industrie. Der Minister verwies weiter auf die Abgaben an die Ukraine: „Unabhängig davon wie wir die Beschaffungsprozesse in den Ämtern und im Verteidigungsministerium beschleunigen können: So schnell wie wir Material abgeben, kann es nicht wieder nachgeliefert werden.“

Weitere Abgaben aus den Beständen der Bundeswehr über die bisherigen Zusagen hinaus lehnt Pistorius derzeit ab. „Um es klar zu sagen: Wie die anderen Nationen haben auch wir nur einen begrenzten Bestand. Ich kann als Bundesverteidigungsminister nicht alles abgeben. Eine gewisse Sollgrenze sollte nicht unterschritten werden“, sagte der SPD-Politiker.

Es sei wichtig gewesen, dass der Haushaltsausschuss am vorigen Mittwoch zwölf Milliarden Euro freigegeben habe, „damit wir die aus der Bundeswehr abgegebene Systeme nachbeschaffen und weiter direkt aus der Industrie an die Ukraine liefern können“. Pistorius forderte die Rüstungsindustrie auf, ihre Produktionskapazitäten hochzufahren: „Wenn ich Vorstandsvorsitzender eines Konzerns wäre, der Rüstungsgüter herstellt, würde ich jetzt alle Hebel in Bewegung setzen: Mich um Fachkräfte kümmern und alle Fließbänder zum Laufen bringen. Soweit ich das sehe, geschieht das auch.“ Aus seiner Sicht habe die Industrie ausreichend Planungssicherheit, „und zwar allein aufgrund der Bedrohungslage, die so angespannt ist wie in den letzten 50 Jahren nicht mehr. Derzeit werden so viele Rüstungsgüter gebraucht wie schon lange nicht mehr.“

Eine Kriegswirtschaft lehnte der Minister dagegen ab. „Kriegswirtschaft hieße, dass wir die gesamte Ökonomie so umstellen, als wäre Deutschland Kriegspartei. Das sind wir nicht und deswegen steht dies nicht zur Debatte“, sagte Pistorius.

„Eine Kriegswirtschaft auszurufen, das halte ich deutlich für `over the top`“. Die Politik könne die Industrie allerdings unterstützen, indem zum Beispiel Verfahren zum Bau von Industrieanlagen beschleunigt würden. Das Ziel in seinem Ressort bis zum Ende der Legislaturperiode sei es, die Beschaffungsprozesse für Waffen und Munition schneller zu machen. „Das heißt, dass wir nicht mehr beschaffen wie in Zeiten, in denen wir viel Zeit und wenig Geld haben. Sondern wie in Zeiten, in denen wir keine Zeit haben und schnell Geld ausgeben müssen, um die Fähigkeiten der Bundeswehr wiederherzustellen“, sagte Pistorius.




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