Außenpolitiker von Union und SPD erwarten ein robustes Auftreten der möglichen US-Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris gegenüber Deutschland und Europa. „Wir Europäer sollten uns keine Illusionen über Harris machen: Harris, jeder andere demokratische Präsident, und Trump erst recht, werden in der Handelspolitik künftig noch härter auftreten als Biden“, sagte Johann Wadephul, stellvertretender CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender, dem „Tagesspiegel“ (Dienstagsausgabe).
„Die USA werden zusehends protektionistisch, der Inflation Reduction Act war da vermutlich nur der erste Schritt.“ Wadephul sieht bei der amtierenden US-Vizepräsidentin ein geringeres Interesse an Europa als bei Biden. „Wir Deutschen müssen uns darauf einstellen, dass Harris eine Präsidentin wäre, die sich für Europa weniger interessiert als Biden“, sagte der CDU-Außenpolitiker.
„Für Harris sind das transatlantische Verhältnis und Amerikas geopolitische Rolle weniger wichtig als für Biden. Aber natürlich wäre eine Präsidentin Harris für Deutschland und die EU ein besseres Szenario als ein Präsident Trump. Harris akzeptiert die EU und steht zur Nato.“ Kanzler Olaf Scholz (SPD) müsse sich, „egal wie die US-Wahl ausgehen wird, auf einen unbequemeren Amtskollegen im Weißen Haus vorbereiten“, sagte Wadephul. „Mit Annalena Baerbocks feministischer Außenpolitik wird auch Kamala Harris nichts anfangen können.“
Der SPD-Außenpolitiker Metin Hakverdi sagte dem „Tagesspiegel“, Harris werde wohl schon bald den Europäern sicherheitspolitisch etwas abverlangen: „Als Wahlkämpferin, aber auch als Präsidentin würde Kamala Harris den Europäern auf die Füße treten, militärisches Engagement fordern. Das Zwei-Prozent-Ziel wird sie konsequent von allen Nato-Partnern einfordern.“
Es sei gut, dass Deutschland es nun erfülle, dabei müsse es bleiben. In der Handelspolitik sieht Hakverdi „viele Gemeinsamkeiten zwischen Harris und der EU. Sie ist keine Handelskriegerin.“ Sie wolle verlässliche Lieferketten, sehe in Handel einen Wert an sich. „Aber wir müssen wissen, dass Harris kein Freihandelsabkommen wird durchsetzen wollen. Es wird keinen neuen Anlauf zu einem Abkommen à la TTIP geben, dafür gibt es in den USA in der Bevölkerung keine Mehrheit.“