„Wir müssten eigentlich jetzt die Milchmenge an die Nachfrage anpassen“, sagte Ottmar Ilchmann, Vorsitzender des niedersächsischen Landesverbands der „Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft“ (AbL) dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Samstagausgaben). Dabei soll auch die Bundesregierung in die Pflicht genommen werden.
So müsse eine Regelung der gemeinsamen Marktordnung der EU scharf geschaltet werden. Diese sieht Vertragsabschlüsse vor der Lieferung der Milch vor. „Dann werden Preise und Liefermengen vereinbart, letztere können dann nicht mehr in kurzer Zeit gesteigert werden. In Frankreich ist dieser Artikel in Kraft, um zu verhindern, dass die Schwächsten, also die Bauern, immer den Kürzeren ziehen“, so Ilchmann. Die EU habe auch die Möglichkeit eröffnet, ein Verkaufsverbot unter den Herstellungskosten einzuführen. Länder wie Spanien hätten dies schon umgesetzt, sagte er. Die gemeinsame Marktordnung biete ferner die Möglichkeit, das Kartellrecht auszuhebeln, wenn es darum gehe, gesellschaftliche Leistungen in Wert zu setzen, also Tierwohl oder Klimaschutz. „So kann erlaubt werden, Absprachen zu treffen, die eigentlich dem Kartellrecht widersprechen“, sagte der Bauern-Vertreter. „Diese Vorgaben müsste die Bundesregierung einfach nur aufgreifen und in nationales Recht umsetzen. Das ist unsere Forderung.“ Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) habe sich in dieser Hinsicht noch nicht bewegt. Nachdem Milchbauern im vergangenen Jahr zeitweise Höchstpreise beim Verkauf von Rohmilch an Molkereien erzielen konnten, drohen nun wieder massive Abschläge. So ist der vom Kieler Institut für Ernährungswirtschaft ermittelte Rohstoffwert für Milch mit 47,9 Cent erstmals seit Oktober 2021 unter die Marke von 50 Cent pro Kilogramm gefallen. Der Kieler Rohstoffwert gilt in der Branche als wichtiger Frühindikator für die Entwicklung des Milchpreises. In der Milchkrise in den Jahren 2015/2016 bekamen Bauern zeitweise nur noch 20 Cent für ein Kilo Milch. Die Folge war, dass viele Höfe die Milchproduktion aufgaben. Das führte zu einem geringeren Angebot, was letztlich einen massiven Preisauftrieb auslöste. Inzwischen haben viele Landwirte aber ihre Produktion wieder gesteigert.