Dazu ließ er seinen Rüstungsstaatssekretär Benedikt Zimmer und den neuen Generalinspekteur Carsten Breuer in den vergangenen Wochen zwei grundlegende Anordnungen ausarbeiten, berichtet der „Spiegel“. Die beiden vertraulichen Entwürfe will Pistorius Mitte Mai dem Ministerium und der Öffentlichkeit vorstellen, so das Magazin.
Der russische Angriffskrieg in der Ukraine erfordere einen „grundlegenden Paradigmenwechsel zur schnellstmöglichen Erhöhung der Einsatzbereitschaft“ der deutschen Streitkräfte, heißt es demnach im Entwurf von Zimmers Erlass. Der Einkauf von neuem Material müsse mit sofortiger Wirkung „deutlich schneller, effektiver und unbürokratischer“ erfolgen als bisher: „Der Faktor Zeit hat höchste Priorität und ist mit sofortiger Wirkung als der wesensbestimmende Faktor aller laufenden und neuen Rüstungsvorhaben maßgebend.“ Alle bundeswehrinternen „Regelwerke, die gesetzliche Regelungen verschärfen, sind hiermit ausgesetzt“, so der Zimmer-Entwurf. Der Ermessensspielraum sei „im Sinne einer Beschleunigung“ konsequent zu nutzen. „Marktverfügbarkeit ist die grundsätzlich vorzusehende Lösung“, schreibt Zimmer. Es soll also Material eingekauft werden, das auch andere Armeen nutzen. Zimmer will auch den Planungsprozess beschleunigen. Bisher benötigten die Militärplaner oft länger als ein Jahr, um die entsprechenden Unterlagen fertigzustellen, in Zukunft soll dieser Prozess nur noch maximal sechs Monate dauern. Beide Erlasse wollen mehr Eigenverantwortung für die Truppe. Generalinspekteur Breuer schreibt in seinem Entwurf, es sei seine Absicht, die Inspekteure der Teilstreitkräfte „in ihrer Verantwortung für die Realisierung von Rüstungsprojekten über den gesamten Projektverlauf im Beschaffungswesen stärker einzubinden“. Damit solle verhindert werden, dass die Beschaffungsbürokratie Dinge anschafft, die in der Truppe gar nicht gebraucht würden. Als Beispiel für die logistischen Probleme der Bundeswehr führt der „Spiegel“ die Anschaffung von Blaumännern an: Diese braucht voraussichtlich acht Jahre, wie aus einer vertraulichen Vorlage des Verteidigungsministeriums hervorgehe. Das Schreiben vom 20. März ist demnach die Antwort auf eine Anfrage von Thomas Hitschler, dem Parlamentarischen Staatssekretär im Verteidigungsressort. Bei einem Truppenbesuch in Estland hätten sich Fluggerätemechaniker der Luftwaffe an ihn gewandt, die seit fast sechs Jahren auf Arbeitskombis mit Kniepolstern warteten. Der Vorgang sei bereits im Juni 2021 Thema einer Besprechung der Abteilung Ausrüstung mit den Inspekteuren gewesen, heißt es in der vertraulichen Vorlage. Die Verzögerung liege wohl auch an Sonderwünschen der Besteller. So hätten die Dreisternegeneräle entschieden, „nicht auf eine handelsübliche Monteurkombination zurückzugreifen und stattdessen eine speziell auf die Anforderungen der Bundeswehr ausgerichtete neue Monteurkombination zu entwickeln“. Ein entsprechender Entwicklungsauftrag sei im September 2021 vergeben worden, heißt es: „Für Entwicklung, Erprobung, Ausschreibung und Beschaffung ist ein Zeitraum von rund dreieinhalb Jahren zu veranschlagen.“ Mit ersten „Zuläufen“ der neuen Monteurkombination sei im dritten Quartal 2025 zu rechnen. Bis die neuen Monteurkombis geliefert würden, könne das Kontingent in Estland laut der Antwort auf die Hitschler-Anfrage „kurzfristig mit separaten Kniepolstern“ ausgestattet werden.
„Diese Kniepolster können nach Rücksprache mit dem Luftfahrtamt der Bundeswehr und unter Beachtung der Regelungen `Handbuch Bodensicherheit` genutzt werden“, hieß es weiter.