„Wir müssen klären, wann eine Gemeinschaft von vier Millionen Menschen sagen darf oder sogar muss: Ein bestimmter Sektor ist für das Zusammenleben so wichtig, dass man im Zweifel und gegen eine Entschädigung auch enteignen darf“, sagte Stettner dem „Tagesspiegel“. Als Beispiel für solche „Monopolbereiche der Daseinsvorsorge“ nannte der CDU-Politiker den Energiesektor.
„Ich bin überhaupt kein Freund jedweder Enteignung. Wenn wir aber darüber nachdenken, wie wir deutlich vor 2045 klimaneutral werden wollen, müssen wir über die Bedeutung der Energienetze sprechen.“ Die Frage sei, wie der Staat Einfluss auf solche Bereiche ausüben könne und etwa die Energieerzeugung steuern könne. Der CDU-Fraktionschef verwies darauf, dass Enteignungen rechtlich längst möglich seien. „Die Frage ist deshalb nicht, ob man überhaupt enteignen darf, sondern in welchen Situationen das möglich ist.“ Man müsse die Eigentümer aber „dem Marktwert entsprechend“ bezahlen. In Berlin wird Ende Juni das Gutachten der Expertenkommission zur Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen erwartet. Beobachter gehen davon aus, dass darin Vergesellschaftungen unter gewissen Rahmenbedingungen als möglich erachtet werden. Grundlage dafür ist Artikel 15 im Grundgesetz, wonach „Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel zum Zwecke der Vergesellschaftung“ in Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden können. Der Paragraf wurde allerdings nie angewandt. Die Experten-Kommission war eine Reaktion auf den 2021 erfolgreichen Volksentscheid „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“. CDU und SPD haben sich im Koalitionsvertrag zu einem Enteignungsrahmengesetz bekannt. Dies soll nicht nur für den Bereich Wohnen gelten, sondern auch andere Bereiche der Daseinsvorsorge wie Wasser und eben Energie. Dies hatte viele Beobachter überrascht. Der Koalition geht es aber dem Vernehmen nach nicht in erster Linie um das tatsächliche Enteignen großer Wohnungsunternehmen. So deutete SPD-Fraktionschef Saleh kürzlich an: „Neben der finalen Enteignung ermöglichen Vergesellschaftungen zum Beispiel Gewinnmaximierungsverbote.“ Solche Gewinnbegrenzungen müsse man prüfen. „Ich bin gegen die Enteignung von Wohnraum, weil das keine einzige neue Wohnung schafft.“ Wen er genau mit seinen Plänen im Blick habe, wollte der CDU-Politiker nicht verraten. „Ich will die laufende Diskussion nicht vorwegnehmen und auch niemandem drohen“, so Stettner.
Aber man müsse sich Gedanken machen, wie der Staat gewisse gesamtgesellschaftliche Aufgaben lösen könne, für die einzelne infrastrukturelle Teilbereiche so wichtig sind, dass man ohne diese nicht vorankomme.