Die Spitzenkandidatin des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) in Thüringen, Katja Wolf, sieht in ihrer Partei keinen Personenkult um die Namensgeberin und rechnet mittelfristig mit einem neuen Parteinamen.
„Ich sehe keinen Personenkult, wenn eine Partei sich nach ihrer Gründerin benennt“, sagte Wolf dem „Tagesspiegel“ (Donnerstagsausgabe). „Jeder weiß: Sahra Wagenknecht ist ein Phänomen. Jeder weiß, wofür sie politisch steht.“ Von dieser Klarheit profitiere die Partei nun. „Mich hat die Wende 1989 sozialisiert. Ich mag keinen Personenkult, ich will kein Zentralkomitee, ich will kein Bild meines Parteivorsitzenden im Büro“, sagte Wolf.
Sie sieht in dem Parteinamen Bündnis Sahra Wagenknecht auch keine Dauerlösung. „In fünf Jahren wird unsere Partei anders heißen. Da bin ich mir ziemlich sicher“, sagte Wolf: „Weil die Partei sich entwickeln wird, in die Breite, mit mehr Programmen in den Ländern, mit mehr Köpfen.“ Wagenknecht sei „mit der Tiefe ihrer Seele dabei, dass diese Parteigründung Erfolg hat“, sagte Wolf: „Sie will mit unserer Partei eine Sehnsucht erfüllen und eine Lücke schließen: den Menschen, die von etablierter Politik enttäuscht sind, eine Heimat geben. Wir wollen einen Neustart der Politik.“ Ein neues System sei damit nicht gemeint.
Wolf verneinte die Frage, ob Wagenknecht im BSW das letzte Wort habe. „Wir stimmen uns eng ab, weil wir nicht wollen, dass es in Grundsatzfragen gelingt, einen Keil zwischen uns zu treiben und Widersprüche zu konstruieren. Wir sind darauf bedacht, dass die Partei mit einer Stimme redet“, sagte Wolf. Wagenknecht kandidiere in Thüringen nicht und habe „die bundespolitische Brille auf“. Sie würde ungern jede Woche ein Thüringen-Thema von ihr serviert bekommen. Neue Mitglieder etwa empfehle der Landesvorstand, „nicht Frau Wagenknecht, nicht Herr Lafontaine“, sagte Wolf. Derzeit habe das BSW 80 Mitglieder. Jeden Monat nehme man nun zwölf bis 15 Mitglieder auf.
Wolf kritisierte zudem Wagenknechts Entscheidung, der Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Juni im Bundestag fernzubleiben. „Das war jetzt nicht der Moment, bei dem mein Herz glücklich applaudierte. Ich wäre hingegangen“, sagte sie. Selenskyj sei der Präsident eines überfallenen Landes. „Auch wenn man anderer Meinung ist, so ist die Macht des Argumentes in einem Parlament ein Wert.“ Am 1. September werden die Landtage in Sachsen und Thüringen gewählt – das BSW hat laut Umfragen gute Chance auf zweistellige Ergebnisse.