Bund und Länder nähern sich bei Planungsbeschleunigung an

Nach monatelangen Debatten kommt offenbar Bewegung in die deutschlandweit angestrebte Planungsbeschleunigung und Entbürokratisierung.

Die Bundesländer haben auf ein Vorschlagspaket reagiert, welches ihnen das Kanzleramt Ende Juli geschickt hatte, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“. Unter Federführung der Staatskanzleien in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen haben sich die Länder demnach auf ein 17-seitiges Dokument geeinigt, das auf den Vorschlägen des Kanzleramts basiert und um zahlreiche Änderungswünsche ergänzt wurde.

Die möglichen Reformen sollen den Bau von Windrädern, Energietrassen, Bahnstrecken und Wohnungen erleichtern und beschleunigen. Zwar handelt es sich noch nicht um eine Einigung zwischen Bund und Ländern, doch liegt immerhin zum ersten Mal eine gemeinsame Diskussionsgrundlage vor. Bund und Länder wollen erreichen, dass Genehmigungen schneller erteilt werden. Der Bund schlägt dabei vor, dass die Bürger früher als bisher üblich befragt und in den Genehmigungsprozess eingebunden werden.

Die Länder fordern darüber hinaus, dass die gesetzlichen Fristen verkürzt werden – entsprechende Gesetze müsse der Bund ändern. Die Beteiligung der Öffentlichkeit, deren Einwände und Anregungen sollen zudem digital dokumentiert werden. Bei „kleineren und im Wesentlichen gleichartigen Projekten“ könne auf aufwendige Genehmigungsverfahren ganz verzichtet werden. Bund und Länder wollen deshalb vereinfachte Verfahren ermöglichen oder Fälle von geringer Bedeutung gleich ganz von der Genehmigungspflicht befreien.

Angedacht ist auch, einzelne Planungsschritte parallel abzuwickeln, statt sie hintereinander anzuordnen. Oft kann eine Behörde dem Papier zufolge ein Vorhaben nur langsam genehmigen, weil andere Behörden ihr nur schleppend zuarbeiten. In diesem Fall fordern die Länder eine „Genehmigungsfiktion“: Künftig solle eine Genehmigung als erteilt gelten, wenn eine bestimmte Frist abgelaufen ist – egal, ob die Behörde in der Sache tatsächlich entschieden hat oder nicht. Nach dem Willen der Länder soll dies vor allem für den Mobilfunk gelten.

Um die Netze zum Beispiel für Strom schneller ausbauen zu können, erwägen Bund und Länder, die Rechte von Grundstückseigentümern einzuschränken. Der Neubau von Stromnetzen verzögere sich oft, weil Eigentümer den Zugang zu ihren Grundstücken verwehrten, heißt es in dem Papier. Künftig sollen sie gegen Entschädigung dulden müssen, dass ihr Grundstück genutzt wird, um Leitungen zwischen Anlagen für erneuerbare Energie und dem allgemeinen Stromnetz zu verlegen. Im Vorschlag des Kanzleramts heißt es, der Bund werde prüfen, ob dazu ein Gesetz notwendig sei.

Die Länder fordern den Bund dazu auf, die Sache auf jeden Fall durch ein Bundesgesetz zu regeln. In der Antwort der Länder auf das Kanzleramt findet sich eine solche Aufforderung mehrmals. So hat der Bund etwa die Länder aufgefordert, sie sollten klarstellen, dass auf allen Flächen für gewerbliche und industrielle Nutzung ein großflächiger Ausbau erneuerbarer Energien möglich sei. Die Länder entgegnen: Der Bund solle die notwendigen „Rahmenbedingungen“ für diesen Ausbau schaffen.

In der Sache selbst aber scheint es einen Konsens zu geben. Ähnlich ist die Lage im Baurecht. Für einen beschleunigten sozialen Wohnungsbau soll ein neuer Gebäudetyp E („E“ wie einfach) zugelassen werden. Aus Sicht des Bundes sollen dafür die Landesbauordnungen geändert werden. Die Länder dagegen verlangen vom Bund, das Bürgerliche Gesetzbuch anzupassen. Differenzen zeigen sich in dem Papier auch beim sozialen Wohnungsbau: So hat das Kanzleramt die Länder aufgefordert, ihre Förderrichtlinien so zu vereinheitlichen, dass es möglichst zu einem bundesweiten Standard komme. Diesen Vorschlag haben die Länder in ihrer Entgegnung komplett gestrichen. Dafür haben sie eine Passage eingefügt, wonach der Bund den Bau von Bahntrassen vereinfachen soll. Er solle per Gesetz festlegen, dass beim Aus-, Neu- und Ersatzbau der Schieneninfrastruktur grundsätzlich ein überragendes öffentliches Interesse vorliege. Vereinfachungen soll es auch bei Umweltvorschriften geben, da sich Bauprojekte oft wegen umweltrechtlicher Vorgaben verzögern. Künftig könnten Umweltdaten und Gutachten in zentralen Datenbanken abgelegt werden, damit sie für mehrere gleichartige Vorhaben zur Verfügung stehen. Einheitliche Standards könnte es künftig für den Artenschutz geben. Für den Bau von Windenergieanlagen an Land ist das bereits der Fall, eingeführt werden soll es nach dem Willen von Bund und Ländern nun auch für den Ausbau von Schienen- und Stromnetzen.




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