Bundesregierung verteidigt Schulschließungen während der Pandemie

Die Bundesregierung hat die bundesweiten Schulschließungen im Frühjahr 2021 vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) als rechtmäßig verteidigt.

Dies geht aus einer 54-seitigen Stellungnahme hervor, über die die „Welt am Sonntag“ berichtet. Darin beantwortet das Bundesjustizministerium einen Fragenkatalog, den das Gericht im Dezember vergangenen Jahres zugestellt hatte.

Das auf den 26. April datierte Schreiben beginnt mit dem Hinweis, dass die deutschen Corona-Maßnahmen derzeit wissenschaftlich und politisch aufgearbeitet würden: „Im Rückblick werden einige Maßnahmen kritisch gesehen und zum Teil sogar als fehlerhaft bewertet“, heißt es. Das gelte aufgrund von Lernrückständen und der „Auswirkungen auf das psychische Wohlbefinden der Schüler, die in ihrem vollen Ausmaß erst jetzt deutlich“ würden, auch für Einschränkungen des Präsenzunterrichts. Dennoch lasse sich laut Bundesregierung daraus nicht schließen, dass die Schulschließungen gegen Menschenrechte verstoßen hätten. „Die rechtliche Aufarbeitung der Pandemie folgt einem anderen Maßstab als die wissenschaftliche und politische: Maßgeblich für die rechtliche Analyse ist, wie sich die Lage zu der Zeit darstellte, als die gerügten Maßnahmen ergriffen wurden“, so das Ministerium. Die beiden Anwälte Axel Koch und Bernhard Ludwig, die stellvertretend für mehrere deutsche Kinder Beschwerde beim EGMR eingereicht haben, begrüßen in der „Welt am Sonntag“, dass die Bundesregierung endlich Fehler einräumt. „Allerdings meint die Regierung zu Unrecht, über die Verteilung von Belastungen ausgerechnet zum Nachteil der Wehrlosesten der Gesellschaft frei entscheiden zu können, obwohl die geringe Rolle von Kindern im Infektionsgeschehen und das hohe Ausmaß der Schäden durch Schulschließungen schon damals bekannt waren“, so Koch und Ludwig. Die beiden hoffen, dass der Europäische Menschengerichtshof darauf hinwirkt, dass die Regierung vorhandene Evidenz künftig stärker berücksichtigen muss. Die „Bundesnotbremse“ galt von April bis Juni 2021 und schrieb unter anderem vor, dass ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von höher als 100 Wechselunterricht stattfinden musste, ab 165 war Präsenzunterricht untersagt. Die FDP hatte das Gesetz damals scharf kritisiert und war dagegen – erfolglos – vor das Bundesverfassungsgericht gezogen; nun stellt sie den Bundesjustizminister, dessen Haus für die Erarbeitung der Stellungnahme zuständig war.




Das könnte Ihnen auch gefallen:

Werbung

Nach oben scrollen