In einem vertraulichen Bericht für den Verteidigungsausschuss, über den der „Spiegel“ berichtet, heißt es, die Einsatzbereitschaft bei NATO-Aufgeben wie der Verstärkung der Ostflanke des Bündnisses sei derzeit zwar grundsätzlich gegeben, allerdings „teilweise mit Einschränkungen“. Das 24-seitige Papier soll am Mittwoch im Verteidigungsausschuss diskutiert werden.
Das Ministerium listet darin die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr bei Auslandseinsätzen und den diversen NATO-Missionen auf. Statt wie in den vergangenen Jahren die Einsatzbereitschaft aller Waffensysteme der Bundeswehr zu betrachten, skizziert das als Verschlusssache eingestufte Dossier, ob die Truppe ihre aktuellen und zukünftigen Aufgaben für die NATO erfüllen kann. Gleich für mehrere NATO-Aufgaben, die die Bundeswehr derzeit erfüllt oder vorbereitet, listet das Papier deutliche Einschränkungen auf. So könne das Heer derzeit für die multinationale „Battle Group“ der NATO in Litauen keine Artilleriekräfte stellen, man sei auf „die Einwerbung multinationaler Kräftebeiträge angewiesen“. Auch die Luftverteidigung für die „Battle Group“ sei lückenhaft, da die deutschen „Patriot“-Batterien für die schnelle Eingreiftruppe der NATO gebunden seien. Ab 2023 komme es deswegen zu „einem qualifizierten Fehl“. Auch die Führungsfähigkeit der Einheiten sei eingeschränkt, da abhörsichere Digital-Funkgeräte Mangelware sind und erst in den kommenden Jahren beschafft werden. Die fehlende Ausrüstung betrifft auch die NATO-Eingreiftruppe VJTF, die Deutschland ab 2023 stellt. So steht das Ampel-Symbol für das VJTF-Material in dem Papier auf Gelb. In den Erläuterungen heißt es, die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr für die VJTF sei zwar gegeben – allerdings „teilweise qualitativ eingeschränkt“. So sei „aufgrund der Verzögerung wichtiger IT-Projekte“ eine digitale Steuerung der „VJTF“ nur „eingeschränkt sichergestellt“, es könnten „lediglich Minimalforderungen“ erfüllt werden. Ähnlich sieht die Lage bei der Flugabwehr aus, heißt es in dem Papier. Durch ein „erhebliches Fähigkeitsdefizit“ könne der Schutz der eigenen Kräfte gegen die Bedrohung im bodennahen Raum könne nur „sehr eingeschränkt“ sichergestellt werden. Hinzu komme, dass die Einsatzbereitschaft der Sanität „durch die fehlende Ausstattung mit Einzelverbrauchsgütern limitiert“ sei. Ministerin Lambrecht leitet in einem Begleitbrief aus dem Bericht die Forderung nach einer schnellen Steigerung des Wehretats ab. „Durch Jahrzehnte der strukturellen Unterfinanzierung gerissene Lücken im Personalkörper, der materiellen Ausstattung, der Infrastruktur sowie bei Ersatzteilen und Munition lassen sich nicht mit einem Federstrich schließen“, schreibt Lambrecht. Schnelle Erfolge will sie nicht versprechen. Vielmehr sei bei der Modernisierung der Bundeswehr ein „realistisches Erwartungsmanagement“ nötig.