BVerfG: Papier hält Eingriffe in Versammlungsfreiheit für möglich

Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, hält Einschränkungen der Versammlungsfreiheit für Nicht-EU-Ausländer für möglich.

„Die Versammlungsfreiheit steht nach Artikel acht des Grundgesetzes den Deutschen zu“, sagte Papier der „Welt am Sonntag“. Sie gelte auch für EU-Bürger.

„Es könnten also durchaus schärfere Regeln für Demonstrationen von Nicht-EU-Ausländern erlassen werden. Das müssten die zuständigen Bundesländer veranlassen“, sagte Papier. Ausweisungen und den Entzug der Staatsbürgerschaft als Folge der Verbreitung von Judenhass auf Demonstrationen hält der Staatsrechtler dagegen für praktisch kaum umsetzbar. „Wenn die betreffenden Personen deutsche Staatsbürger sind, dann gibt es keine Möglichkeit der Ausweisung oder der Aberkennung der Staatsbürgerschaft“, sagte Papier.

„Bei Ausländern gäbe es die Möglichkeit zumindest theoretisch.“ Praktisch aber gebe es regelmäßig Hindernisse. „Sie müssen einen Staat finden, in den Sie abschieben können. Man kann Menschen nicht beliebig irgendwohin ausweisen. Kurz: Schlagworte bieten keine Lösungen“, sagte Papier.

Er forderte stattdessen die konsequente Anwendung geltenden Strafrechts, das sei „auch kein zahnloser Tiger“. Der Staatsrechtslehrer forderte den Bundestag auf, bei den aktuellen Beratungen über ein neues Staatsbürgerschaftsrecht ein stärkeres Gewicht darauf zu legen, „ob eine Integration in die kulturelle, soziologische und werteorientierte Gemeinschaft möglich und zu erwarten ist“. Generell sei zu überlegen, die Staatsbürgerschaft nicht einfachgesetzlich zu regeln, sondern in der Verfassung zu verankern.

„Das Grundgesetz ist die beste Verfassung, die Deutschland je hatte. Und doch enthält es gewisse Regelungslücken. So sagt es nichts zur Staatsbürgerschaft, obwohl die staatsrechtlich gesehen eine zentrale Frage ist, weil sie gewissermaßen festlegt, wer zum Kreis des deutschen Volkes als Träger der Staatsgewalt gehört“, sagte Papier. „Das ist bei uns nur einfachgesetzlich geregelt – und deshalb abhängig von den politischen Mehrheiten im Bundestag. Ich habe das immer bedauert.“




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