Die SPD erteilt Plänen der Unionsparteien, Asylverfahren nach Ruanda auszulagern und Schutzsuchende auch nach einem positiven Bescheid in dem ostafrikanischen Land unterzubringen und zu versorgen eine Absage. „Asylverfahren in Ländern außerhalb der EU durchzuführen, ist eine Option – und wenn sich die Regierung von Ruanda dazu bereit erklärt, auch dort“, sagte Migrationspolitiker Lars Castellucci (SPD) der „Welt“ (Freitagausgabe). „Nur: Menschen, die Europa bereits erreicht haben, für ein Asylverfahren einfach in ein Drittland abzuschieben, ist inakzeptabel.“
Das trage die SPD nicht mit, so Castelluci. Es könne nicht das Ziel sein, Schutzsuchende dauerhaft in Asylcamps weit weg von Europa zu versorgen.
Castellucci reagiert damit auf einen Vorstoß von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Der hatte nach einem Kurzbesuch in Ruanda und eines Flüchtlingscamps des UN-Flüchtlingshilfswerks der „Welt“ gesagt, dass Ruanda in der Lage sei, Flüchtlinge vor Ort angemessen unterzubringen und zu versorgen. „Dass das funktioniert, zeigt sich im UN-Flüchtlingszentrum in Gashora. Und die Regierung Ruandas wäre bereit, Menschen, die Schutz suchen, aufzunehmen“, so Dobrindt. „Das ist eine ernsthafte Option.“
Ziel müsse es sein, Asylverfahren und Schutz in Drittstaaten außerhalb der EU durchzuführen. „Schutz durch Europa“ müsse nicht „Schutz in Europa“ heißen, sagte Dobrindt. „Es entspricht internationalen Vereinbarungen, Flüchtlinge möglichst nah an ihren Heimatländern unterzubringen. Und wenn das Menschen davon abhält, die lebensgefährlichen Überfahrten über das Mittelmeer zu versuchen, hat das auch einen humanitären Aspekt.“
Asylbewerber kamen 2023 am häufigsten aus Syrien. Die Hauptstadt des Landes, Damaskus, liegt mit rund 2.800 Kilometern Luftlinie Entfernung näher an Berlin als an dem von Dobrindt besuchten Flüchtlingslager in Gashora (Luftlinie: rund 4.000 Kilometer). Dasselbe gilt für die Hauptstädte der zweit- und dritthäufigsten Herkunftsländer, Ankara (Türkei) und Kabul (Afghanistan).
Der Oberste Gerichtshof des Vereinigten Königreichs hatte im November 2023 das dortige „Ruanda-Modell“ gestoppt. Es sei nicht gesichert sei, dass den von Großbritannien nach Ruanda verschickten Flüchtlingen ein faires Asylverfahren zur Verfügung stehe, urteilte der Supreme Court. Es bestehe das Risiko, dass die Flüchtlinge von dort aus zurück in ihre Herkunftsstaaten geschickt würden, in denen ihnen potenziell Verfolgung drohe. Die Regierung von Rishi Sunak hält dennoch an dem Modell fest. Dafür werden Gerichte durch ein neues Gesetz angewiesen, einige Teile des britischen Menschenrechtsgesetzes zu ignorieren. Experten stufen Ruanda als autoritäres Regime ein, Oppositionellen droht in dem Land mitunter Verfolgung.