Der SPD-Innenexperte Lars Castellucci warnt davor, aus dem viel beachteten Urteil des nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgerichts in Münster vorschnelle Rückschlüsse auf Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien zu ziehen. „Das Urteil des OVG Münster sagt nichts zur Frage von Abschiebungen von Schwerstkriminellen oder terroristischen Gefährdern, sondern zum sogenannten subsidiären Schutz“, sagte Castellucci der „Rheinischen Post“ (Dienstagsausgaben). „Beide Themen sollte man trennen.“
Im konkreten Fall sei es um einen Straftäter aus Syrien gegangen, der vor dem Verwaltungsgericht die Anerkennung des vollen Schutzstatus als Flüchtling einklagen wollte. „Zuvor hatte er vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Schutzstatus eines Abschiebungsverbots erhalten. Das zeigt, dass es jetzt und auch in Zukunft immer auf den Einzelfall ankommt. Wem Folter, unmenschliche Behandlung oder die Todesstrafe drohen, der kann nicht abgeschoben werden. Wer in Deutschland eine Straftat begeht, muss diese zunächst mindestens überwiegend hier verbüßen“, erklärte der SPD-Politiker. Ob danach eine Abschiebung erfolge, solle auch „daran beurteilt werden, was für unsere Sicherheit sinnvoller ist“.
Castellucci weiter: „Terroristen weiß ich lieber in einem deutschen Gefängnis als in einem Terrorcamp in Afghanistan, in dem sie nur für den nächsten Einsatz vorbereitet werden.“ Grundsätzlich müsse gelten: „Wer in unserem Land keinen Schutzstatus erhält, muss es auch wieder verlassen. Mittlerweile stehen dank unserer Gesetzgebung den Menschen viele legale Möglichkeiten zur Arbeitsaufnahme in Deutschland zur Verfügung. Das muss sich schneller herumsprechen als die Verlockungen der Schleuser. Allgemeine Abschiebeverbote sollten in Zukunft immer die Ausnahme bleiben und zeitlich befristet sein. Das sendet sonst falsche Signale“, so der SPD-Politiker.
Die Bundesregierung prüfe bereits intensiv, wie Abschiebungen von Schwerstkriminellen und Terroristen nach Syrien oder Afghanistan ermöglicht werden können. „In diese Bewertungen müssen auch aktuelle Lageberichte einbezogen werden. Perspektivisch braucht es eine gemeinsame europäische Lösung, die im Rahmen der Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems erarbeitet und umgesetzt werden muss“, fordert Castellucci.