„Experten gehen von einem aktuellen jährlichen Bedarf von 500.000 bis 700.000 neuen Wohnungen aus“, sagte die CDU-Baupolitikerin Mechthild Heil dem „Tagesspiegel“ (Montagausgabe): „Im schlimmsten Fall, der aber leider angesichts dieser katastrophalen Politik nicht unwahrscheinlich ist, würde die Ampelkoalition davon im nächsten Jahr weniger als ein Drittel erreichen.“ Dieses Versagen habe das Potenzial, „zu einer großen Gefahr für den sozialen Frieden in Deutschland zu werden“.
Am Dienstag will das Statistische Bundesamt bekanntgeben, wie viele Wohnungen 2022 fertiggestellt worden sind. Die Ampel hatte im Koalitionsvertrag 2021 den „Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr, davon 100.000 öffentlich geförderte Wohnungen“ als Ziel definiert. Heil rechnet mit Verweis auf die Schätzung von Branchenvertretern auf etwa 250.000 Wohnungen in diesem Jahr. „2024 könnte die Zahl in Richtung 200.000 Fertigstellungen weiter fallen“, sagte die CDU-Politikerin dem „Tagesspiegel“. Carmen Lay, Sprecherin der Linken für Bau und Mieten, nannte die Baupolitik der Bundesregierung „grandios gescheitert“. Der Neubau sei „fast komplett zum Erliegen gekommen angesichts der Zins- und Baupreisentwicklung. Auch 2023 und 2024 werden die Neubauziele mit Sicherheit gerissen.“ Lay beklagte, statt der von der Bundesregierung angepeilten Zahl von 100.000 Sozialwohnungen seien im letzten Jahr „nur rund 20.000“ gebaut worden. „Mehr Neubau lässt sich aktuell nur durch erheblich stärkere Förderung des öffentlichen Wohnungsbaus erreichen“, sagte die Linken-Abgeordnete dem „Tagesspiegel“. Für den Bau von Sozialwohnungen und für die erste Immobile selbst nutzender Eigentümer solle „keine Grunderwerbssteuer anfallen“. Sandra Weeser (FDP), Vorsitzende Bauausschusses im Bundestag, spricht von einem „Wohnungsmarkt in einer historisch ungünstigen Lage“. Durch eine Nettozuwanderung von 1,5 Millionen Menschen in einem Jahr steige der Bedarf an Wohnraum rapide an.
„Das Credo der Stunde muss heißen: schneller, günstiger und mehr bauen“, sagte die FDP-Politikerin dem „Tagesspiegel“. Sie sagte weiter: „Angespannte Wohnungsmärkte dürfen nicht durch noch strengere mietpreisregulierende Vorschriften drangsaliert werden. Das Gerüst an Regeln und Normen droht die Baubranche zu ersticken.“ Es müsse etwa „mehr in die Höhe statt in die Fläche“ gebaut werden.