Was derzeit an Programmatik bekannt ist, sei „teils wolkig, teils windig und in zentralen Fragen Lichtjahre von unseren Überzeugungen entfernt“, sagte der stellvertretende Parteichef Andreas Jung der „Welt“ (Freitagausgabe). „Antiamerikanismus, Putin-Nähe und Sozialismus sind völlig unvereinbar mit unserer Haltung.“
Weiter sagte Jung: „Wir fassen jetzt mit Blick auf eine Sahra-Wagenknecht-Partei keine vorauseilenden Beschlüsse“, denn: „Wenn Sahra Wagenknecht eine Partei gründet und zu Wahlen antritt, wird sie nicht umhinkommen, klare Antworten auf Herausforderungen zu geben – konkrete Lösungen statt nur Problembeschreibung und Protest. Erst dann wird man überhaupt Prognosen über das Potenzial einer solchen Partei treffen können.“ Und weiter: „Wir haben mit der Wagenknecht-Partei nichts gemein, doch die Frage stellt sich derzeit auch gar nicht. Bevor wir einen Unvereinbarkeitsbeschluss fassen, sollte die Partei erst mal gegründet werden und es in ein Parlament schaffen“, sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU).
„Die Union hat einen klaren Unvereinbarkeitsbeschluss mit Blick auf die AfD und die Linken. Das gilt selbstverständlich auch für die Wagenknecht-Partei, die hufeisenmäßig Positionen der AfD und der Linken verschmilzt“, sagte die Bundestagsabgeordnete und CDU-Schatzmeisterin Julia Klöckner der „Welt“. Die Bundestagsabgeordnete Serap Güler, die auch im CDU-Bundesvorstand sitzt, sagte: „Ich würde uns die Diskussion nicht empfehlen. Es gibt nicht mal eine Partei derzeit und die Auseinandersetzung damit, wäre eben nichts weiter als eine Aufwertung.“
Zumal es klare Regeln in der CDU für den Umgang mit extremistischen Parteien gebe. Das Kooperationsangebot von Wagenknecht sei tückisch, sagt der Vorsitzende der Jungen Union, Johannes Winkel (CDU): „Dass eine Wagenknecht-Partei nun der AfD gefährlich werden und den Rechtsextremen Stimmen abjagen könnte, halte ich für eine trügerische Hoffnung: Damit bekämpfen wir Rechtsextremisten mit Linksextremisten“, so Winkel. „Wir müssen als CDU gegen ein Anwachsen beider Lager angehen, um nicht weiter in die Zangen von Links und Rechts zu geraten. Dieser Druck wird ohnehin immer stärker.“
Er habe bislang wenig von den Vergleichen zur Weimarer Republik gehalten. „Aber die Parallelen zu den 20er-Jahren vor 100 Jahren sind unübersehbar“, sagte Winkel. „Auch damals wurden zwei destruktive, zerstörerische Kräfte am jeweils äußersten Rand der Parteienlandschaft immer stärker. Ich mache mir Sorgen um unsere Demokratie.“
Winkel kritisierte Wagenknecht scharf: „Es ist albern und gleichzeitig erschreckend, wie die Menschen sich von der Stalinistin Wagenknecht blenden lassen, nur weil sie plötzlich gegen das Gendern agitiert.“ Der CDU-Chef Niedersachsens, Sebastian Lechner, sieht hingegen weiteren Klärungsbedarf: „Im Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU sind Linkspartei und AfD als solche allerdings klar benannt. Darunter kann die Wagenknecht-Partei nicht subsummiert werden. Es müsste für die Wagenknecht-Partei ein eigener Beschluss gefasst werden“, sagte er.
Hintergrund der Unvereinbarkeit mit der Linkspartei wäre vor allem die SED-Vergangenheit und dass sie in Teilen linksextremistisch sei. „Ob das bei der Wagenknecht-Partei auch so sein wird, werden wir sehen.“ Die CDU-Landesvorsitzenden von Brandenburg, Jan Redmann, und Thüringen, Mario Voigt, wollen möglichen Bündnissen mit der geplanten neuen Partei von Sahra Wagenknecht nicht von vornherein eine Absage erteilen. Auf Anfrage der „Bild“ erklärte Voigt wörtlich: „Die Gesprächsfähigkeit unter Demokraten ist wichtig, aber Frau Wagenknecht ist bislang nicht dadurch aufgefallen, Politik für die bürgerliche Mitte zu machen. Unser klares Ziel bleibt eine starke Regierung unter Führung der CDU.“ Die CDU sei „der einzige politische Stabilitätsanker im Osten“: „Die Linke zerfällt.“ Redmann wiederum sagte: „Zum jetzigen Zeitpunkt wissen wir kaum etwas über die Wagenknecht-Partei. Weder über ihre inhaltliche Aufstellung, noch wer in den Ländern personell dafür aufgestellt werden soll. Klar ist aber schon jetzt: zwischen der CDU und ihr gibt es extreme Unterschiede. Mit Blick darauf werden wir jetzt erst mal die nächsten Entwicklungen abwarten. Außerdem ist jetzt nicht die Zeit, sich mit einer Partei zu beschäftigen, die noch nicht mal gegründet ist – wir müssen uns um unsere eigenen Baustellen kümmern.“ Wagenknecht hatte zuvor in der „Zeit“ mögliche Bündnisse mit der CDU in ostdeutschen Landesparlamenten ins Spiel gebracht. Mit Blick auf Sachsen hatte sie gesagt: „Im Zweifel ist das vielleicht besser, als wenn Kretschmer mit der AfD regiert.“ Kretschmer hatte als einziger der Ost-CDU-Landesvorsitzenden, in deren Bundesländern 2024 Landtagswahlen stattfinden, nicht auf die „Bild“-Anfrage zu Wagenknechts Offerte reagiert.