„Da nun auch bei der SPD einige für eine Lieferung sind, sollten wir über eine Parlamentsinitiative nachdenken, um den Druck auf das Kanzleramt zu erhöhen“, sagte der CDU-Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter der „Süddeutschen Zeitung“ (Donnerstagausgabe). Die Unionsfraktion und Politiker der Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP könnten damit gemeinsam den Kanzler zur Lieferung der Raketen auffordern, mit denen Ziele in bis zu 500 Kilometern Entfernung angegriffen werden können.
„Es wird höchste Zeit, dass wir der Ukraine auch die Marschflugkörper Taurus liefern“, sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), der Zeitung. „Eine Debatte, wie wir sie im vergangenen Jahr immer wieder hatten, sollte angesichts der Dramatik in der Ukraine aufhören.“ Sie spielt damit auf die langen Diskussionen an, an deren Ende der Kanzler die Lieferung von Kampf- und Schützenpanzern genehmigte. Die Bundeswehr soll etwa 600 Taurus-Raketen besitzen, die Bundesregierung sorgt sich aber, dass die Ukraine damit auch russisches Staatsgebiet angreifen könnte. Die hochmodernen Raketen könnten aus Sicht der Ukraine helfen, russische Stellungen weit hinter der Frontlinie anzugreifen und Versorgungswege abzuschneiden. Strack-Zimmermann sieht in der Reichweite der Flugkörper kein Hindernis. „Es ist völkerrechtlich möglich und militärisch geboten, der Ukraine auch die Mittel zur Verfügung zu stellen, um auf russischem Territorium militärische Ziele anzugreifen und zu neutralisieren, von denen nachweislich jeden Tag Hunderte von Raketen auf die Ukraine abgeschossen werden“, sagte sie. Der CDU-Politiker Kiesewetter, der als erster die Lieferung ins Spiel gebracht hatte, drängt auf ein schnelles Vorgehen. „Die Zeit, die wir mit Diskussionen und Scheinargumenten verbringen, nützt Russland, langfristig nützt es China und es kostet der Ukraine Menschenleben.“ Was zu wenig gesehen werde: „Wenn die Ukrainer keinen Glauben mehr an einen Sieg haben, aus dem Krieg ein jahrelanger Abnutzungskrieg wird, dann werden wir die Massenflucht und Vertreibung aus der Ukraine nicht mehr aufhalten können“, so Kiesewetter. Da Hunderte Taurus-Raketen erst instandgesetzt werden müssten, müsse jetzt damit begonnen werden. Zuletzt hatten sich auch in der SPD mehrere Abgeordnete für eine Taurus-Lieferung ausgesprochen. Der SPD-Außenpolitiker Nils Schmid sagte der SZ: „Eine Lieferung in der Zukunft ist nicht ausgeschlossen.“ Es gebe aber ein klares Entscheidungsraster: Abwägen der Eskalationsrisiken, enge Abstimmung mit den USA und Sicherstellen von Ausbildung. „Die Eskalationsrisiken kann man heute wesentlich besser abschätzen.“ Bei Taurus seien aber zwei Bedingungen noch nicht erfüllt.
Die USA würden bisher kein vergleichbares System liefern und die Ausbildung sei ungeklärt. „Was nicht geht, dass die Zieleingabe durch deutsche Soldaten erfolgt, das wäre eine Kriegsbeteiligung“, sagte Schmid. Eine Lieferung dürfte vor allem davon abhängen, ob Scholz technische Lösungen für überzeugend hält, die Angriffe auf russisches Gebiet verhindern sollen, wie etwa entsprechende Software-Updates.