Deutsche EU-Spitzenkandidaten uneins über Türkei-Politik

Die deutschen Spitzenkandidaten für die Europawahl im kommenden Jahr haben sich unterschiedlich zum Umgang mit der Türkei geäußert.

FDP-Spitzenkandidatin Marie-Agnes Strack-Zimmermanne kritisierte den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan vor seinem Besuch in Berlin scharf. „Es ist geradezu gruselig, wie Erdogan zum Glaubenskampf aufruft – wir leben nicht mehr im Mittelalter. Seine Form des Antisemitismus ist unerträglich“, sagte sie dem „Tagesspiegel“ (Freitagausgabe).

Erdoğan hatte Israel vorher unter anderem einen „Terrorstaat“ genannt. Dennoch müsse man insbesondere wegen des EU-Türkei-Abkommens weiter mit ihm im Gespräch bleiben, sagte die FDP-Politikerin. „Erdoğan ist kein angenehmer Gesprächspartner, es ist aber aufgrund der geografischen Lage der Türkei im Sinne Deutschlands und Europas, dass die Türkei in der Migrationspolitik eine konstruktive Rolle spielt“, so Strack-Zimmermann. Auch die Vize-Präsidenten des EU-Parlaments und Spitzenkandidatin der SPD für die Europawahl, Katarina Barley, sieht die Rolle der Türkei kritisch, hält aber grundsätzlich am Pakt fest: „Abkommen mit Drittstaaten sind ein Instrument zur solidarischen Bewältigung der Fluchtbewegungen. Im Falle der Türkei stellt sich derzeit vor allem die Frage, warum die Zahlen der ankommenden türkischen Staatsbürger so sprunghaft gestiegen sind“, sagte Barley der Zeitung. Es müsse jedoch ausgeschlossen werden, dass das Thema Migration von Erdoğan „als Teil einer Verhandlungsmasse interpretiert wird, um politischen Druck auszuüben“, sagte die SPD-Politikerin. Allerdings sei die EU besser aufgestellt als noch 2016. „Ein mögliches Gemeinsames Europäischen Asylsystem wird der EU einen festeren Stand in Verhandlungen mit Drittstaaten verleihen“, hofft Barley. Die Verhandlungen dazu laufen derzeit. Auch der CSU-Spitzenkandidat für die Europawahl und Fraktionsvorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament äußerte sich mahnend. Eine „Weiterführung und Erneuerung des EU-Türkei-Migrationsabkommens ist richtig und notwendig“, sagte Weber dem „Tagesspiegel“.

Die EU dürfe sich auch nicht erpressen lasse. „Deshalb muss die EU Griechenland bei der Grenzsicherung verstärkt unterstützen.“ Die designierte EU-Spitzenkandidatin der Grünen, Terry Reintke, lehnt das Abkommen dagegen ab. „Wir haben den EU-Türkei-Deal immer kritisiert, die EU darf sich gegenüber immer autokratischer regierten Ländern wie der Türkei nicht erpressbar machen“, sagte sie der Zeitung.

Angesichts der Lage im Nahen Osten und Erdoğans Äußerungen forderte sie von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Klarheit. „In dieser angespannten Situation mit einem derart eskalierenden Konflikt brauchen wir Dialog mit Haltung.“ Bundeskanzler Scholz will den türkischen Staatspräsidenten am Freitag in Berlin empfangen.




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