Deutscher Ex-Botschafter sieht Erdogan am Ende

Nach Ansicht des ehemaligen deutschen Botschafters in der Türkei, Martin Erdmann, stößt die Politik des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan unabhängig vom Ausgang der Wahlen im Mai an ihre Grenzen.

„Das System Erdogan ist Geschichte“, sagte Erdmann der „Welt“ (Dienstagausgabe). Es befinde sich seit einiger Zeit im Niedergang.

Der Präsident stehe einer „dysfunktionalen Ein-Mann-Herrschaft“ vor. „Niemand traut sich mehr, Entscheidungen zu treffen, aus Angst, dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden“, so Erdmann. „Im Interesse des Landes kann man nur hoffen, dass die Menschen an der Wahlurne das Ruder umlegen und die Koalitionsparteien der Opposition mit ihrem gemeinsamen Präsidentschaftskandidaten wählen.“ Im Falle einer Wahlniederlage des türkischen Präsidenten sei die Frage, „ob er zu illegalen Mitteln greift“.

Ob er zum Beispiel die Armee einsetzen würde, in Form eines Militärputsches von oben, so Erdmann. „Ich persönlich glaube eher, dass er im Falle einer Niederlage ein Flugzeug mit unbekanntem Ziel besteigen würde.“ Ruhestand dagegen sei keine Option für Erdogan. „Seine Regierungszeit ist von Korruption und Nepotismus geprägt“, sagte Erdmann.

Das werde eines Tages juristische Konsequenzen haben. Die Politik der Ampel-Koalition beschreibt Erdmann als Fortführung des Kurses unter Angela Merkel. Die kritischen Worte von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock gegenüber ihrem Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu im vergangenen Juli seien „verhallt“. „Danach habe ich kein gesteigertes Maß an kritischer Positionierung wahrgenommen“, so Erdmann.

Das liege auch an der Migrationsthematik. „Ich glaube, das ist einer der Gründe, warum man das System Erdogan nicht verärgern will: auch weil er diesen Hebel in der Hand hält.“




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