Die Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) hat das Ausbautempo bei den erneuerbaren Energien kritisiert. „Vor zwei Jahren hat die Bundesregierung mit ihrem so genannten Oster-Paket große Hoffnungen für den Ausbau erneuerbarer Energien geweckt“, sagte der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Peter Adrian, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstagausgaben). „Leider kommt davon bislang in der Praxis viel zu wenig an.“
Adrian zufolge liege Deutschland zwar beim Solar-Ausbau auf Kurs. Anlagen, die im Jahr 2023 installiert wurden, reichten jedoch noch nicht einmal, um die Hälfte der Strommenge der drei abgeschalteten Kernkraftwerke zu ersetzen, beklagte der Wirtschaftsvertreter. „Selbst zusammen mit den neuen Windanlagen wurden nur zwei Drittel ersetzt. Zudem wissen wir alle, dass Sonne und Wind im Unterschied zur Kernkraft nicht unbedingt dann Strom erzeugen, wenn die Unternehmen ihn brauchen“, so Adrian weiter.
Während 2022 noch 32,8 Milliarden Kilowattstunden Strom aus Kernkraft ins Netz eingespeist wurden, waren es 2023 noch 6,7 Milliarden Kilowattstunden. Die Einspeisung aus erneuerbaren Energieträgern stieg derweil um 15,8 Milliarden Kilowattstunden. Zugleich fielen die Stromexporte um 16,5 Milliarden Kilowattstunden, während die Importe aus dem Europäischen Verbundsystem um 20 Milliarden Kilowattstunden stiegen. Der Jetstream sorgt für gewöhnlich dafür, dass durchgängig in unterschiedlichen Teilen Europas Windenergie produziert werden kann.
Die Bundesregierung hatte mit dem Osterpaket Anfang April 2022 eine Gesetzesnovelle für den beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland verabschiedet. Neue Windkraft- und Solaranlagen werden seitdem als „vorrangig“ angesehen. Das sollte Genehmigungen beschleunigen und vereinfachen sowie Bürokratie abbauen. Ab 2025 sollen jährlich 7,8 Gigawatt Windenergie und ab 2026 jährlich 22 Gigawatt Solarenergie zugebaut werden. Habeck sah darin nach dem Einmarsch Russland in der Ukraine auch einen Baustein für die Energiesicherheit in Deutschland. Gleichzeitig bekräftigte er damals das Ziel, bis 2030 mindestens 80 Prozent des deutschen Bruttostromverbrauchs aus Erneuerbaren erzeugen zu wollen.
Der DIHK-Präsident kritisierte, dass diese Hoffnung auf der Annahme eines niedrigen Wirtschaftswachstums beruhe. Das dürfe jedoch nicht die Sicht des Ministeriums sein. „Wir können international nur Vorbild sein, wenn wir guten Klimaschutz mit gutem Wirtschaftswachstum verbinden. So lange aber immer neue Detailregelungen die Betriebe frustrieren, können sich Unternehmergeist und Innovation nicht entfalten“, sagte er weiter. Wirtschaftswachstum entstehe durch neue Ideen und nicht durch staatliche Vorgaben.
Auch die Bilanz der Wirtschaft, was die Planungsbeschleunigung angehe, falle zum zweiten Jahrestag des Osterpakets „deprimierend“ aus, so Adrian. Man sehe „bestenfalls Trippelschritte“. In der betrieblichen Praxis sei bislang wenig bis nichts angekommen. Eine Windanlage benötige laut DIHK von der Vorprüfung bis zum Anschluss an das Netz immer noch durchschnittlich fünf Jahre. So werde das notwendige Tempo beim Ausbau der Windenergie nicht erreicht, befürchtet die Kammer.