Die niedrigere Feinstaub- und Stickoxid-Belastung der Luft in Umweltzonen stärkt die mentale Gesundheit und verbessert schulische Leistungen von Kindern. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie von Forschern des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), des RWI-Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung und der Universität Maastricht, über die die Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Mittwochausgaben) berichten.
Demnach sinkt in Gebieten mit niedrigeren Feinstaub und Stickoxiden etwa die Wahrscheinlichkeit einer Diagnose für eine Depression um 3,5 Prozent, bei Angststörungen sind es 4,2 Prozent. Die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen einen Facharzt in diesem Bereich aufsuchen, liegt in Umweltzonen um 5,7 Prozent niedriger als in den Vergleichsgebieten. Die Differenzen seien nicht riesig, aber statistisch signifikant, sagte Studienautorin Laura Schmitz.
Besonders ausgeprägt ist der Studie zufolge der Effekt bei Kindern und Jugendlichen, deren Gehirne sich noch entwickeln. So lag die Wahrscheinlichkeit für eine diagnostizierte Angststörung in der Gruppe der 15- bis 29-Jährigen zwei Jahre nach der Einrichtung einer Umweltzone rund 10 Prozent niedriger als zuvor. Bei 30- bis 49-Jährigen war der Rückgang weniger stark, für Menschen zwischen 50 und 69 Jahren zeigten die Daten kaum eine Veränderung.
Für die Untersuchung haben die Forscher über einen längeren Zeitraum anonymisierte Daten einer großen deutschen Krankenversicherung ausgewertet – aus Umweltzonen und aus vergleichbaren Gebieten ohne entsprechende Regelung, jeweils vor und nach Einführung der Umweltzone. Strukturelle Unterschiede, etwa beim Einkommensniveau, wurden dabei herausgerechnet, sagte Schmitz. „Die Differenz, die dann noch übrigbleibt, kann man ursächlich auf die Umweltzone zurückführen.“
Die Feinstaubpartikel seien so mikroskopisch klein, dass sie sehr tief in die Lunge gelangen und über den Blutkreislauf das Gehirn erreichen würden, sagte Schmitz. „Im Gehirn verursachen sie dann Entzündungen und eine Unterversorgung mit Sauerstoff und das kann in Zusammenhang gebracht werden mit schlechterer mentaler Gesundheit und kognitiver Leistung.“
Die Forscher haben auch den Zusammenhang zwischen Luftqualität und schulischen Leistungen untersucht. Dazu zogen sie Schuldaten aus Nordrhein-Westfalen heran, die für die Jahre 2005 bis 2018 dokumentieren, wie viele Schüler nach der Grundschule aufs Gymnasium wechseln.
Vor der Einführung der Umweltzonen war der Anteil der Kinder, die die Grundschule in Richtung Gymnasium verließen, demnach niedriger als in den Vergleichsgebieten. Die Autoren führen das darauf zurück, dass es soziale und Einkommensunterschiede zwischen der Bevölkerung in den Gebieten gibt. Nach Einführung der Umweltzonen verringern sich diese Unterschiede allerdings. Die Übergangsrate auf das Gymnasium erhöht sich laut der Analyse um einen Prozentpunkt. Mögliche Störvariablen seien auch hier ausgeschlossen worden, sagte Schmitz.
Die Wissenschaftlerin und ihr Team sehen in den Ergebnissen ein Indiz, dass bessere Luftqualität die Lernfähigkeit verbessert. Wie sich die Leistungen in den Jahren darauf entwickeln, wurde aufgrund der schlechten Datenlage nicht überprüft.
Die Ergebnisse sollten auch in die politische Debatte zu Umwelt- und Luftschutzmaßnahmen eingehen, findet die Forscherin. „Bei der Diskussion um das Verbrennerverbot zum Beispiel spielt dieser Aspekt bisher noch keine Rolle – sollte er aber“, sagte sie. „Das hat Auswirkungen in vielen Bereichen.“
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