Die Einsamkeitsbelastungen durch die Corona-Pandemie gehen in der deutschen Bevölkerung offenbar langsam wieder zurück. Das geht aus dem neuen „Einsamkeitsbarometer“ hervor, welches am Donnerstag von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) vorgestellt wurde.
Demnach waren die Einsamkeitsbelastungen bei der Gesamtbevölkerung zunächst von 7,6 Prozent im Jahr 2017 auf 28,2 Prozent im Jahr 2020 gestiegen – 2021 sanken sie wieder auf 11,3 Prozent. Personen über 75 Jahren sind im Längsschnitt am stärksten von Einsamkeit betroffen. Im ersten Pandemie-Jahr 2020 waren erstmals jüngere Personen (zwischen 18 und 29 Jahren) mit 31,8 Prozent stärker mit Einsamkeit belastet als Personen im Alter über 75 Jahren (22,8 Prozent). Während jüngere Altersgruppen 2021 auf höherem Niveau verharren (14,1 Prozent; 2017: 8,6 Prozent), liegen die Einsamkeitsbelastungen bei älteren Personen in etwa auf dem Niveau vor der Pandemie (2017: 9,1 Prozent, 2021: 10,2 Prozent).
Frauen sind insgesamt stärker belastet als Männer. Frauen weisen eine höhere Einsamkeitsbelastung auf (2017: 8,8 Prozent, 2020: 33,2 Prozent, 2021: 12,8 Prozent), als Männer (2017: 6,6 Prozent, 2020: 23,1 Prozent, 2021: 9,8 Prozent), wobei die Pandemie diesen Effekt noch weiter verstärkt hat. Das Ministerium spricht in diesem Zusammenhang von einer „Gender Loneliness Gap“.
Einsamkeit wirkt sich laut Studie auch negativ auf die physische und psychische Gesundheit aus. Armut, Care-Arbeit und Migration hängen zudem stark mit Einsamkeit zusammen. Der Anteil von erwerbslosen Menschen mit Einsamkeitsbelastungen ist stark erhöht. Im Rahmen der Pandemie haben sich 2020 die Unterschiede in den Einsamkeitsbelastungen zwischen erwerbstätigen und arbeitslosen Personen bis auf fünf Prozentpunkte stark angeglichen, während sie 2021 mit 16,1 Prozentpunkten wieder weit auseinanderlagen. Menschen, die intensive Sorgearbeit leisten, sind von gehobenen Einsamkeitsbelastungen betroffen, ebenso Menschen mit Migrations- oder Fluchterfahrung.
Es gibt auch regionale Unterschiede, allerdings nur geringe Abweichungen zwischen den westdeutschen und ostdeutschen Ländern und keinen signifikanten Unterschied in den Einsamkeitsbelastungen zwischen Menschen in ländlichen und städtischen Gebieten.
„Wir müssen uns der großen Herausforderung stellen, Einsamkeit gemeinsam anzugehen“, sagte Paus. „Einsame Menschen nehmen seltener an Wahlen teil und engagieren sich weniger.“ So bleibe Einsamkeit ein drängendes Problem und schade der Gesellschaft. „Als Bundesregierung holen wir das Thema aus der Tabu-Ecke und gehen es mit der Strategie gegen Einsamkeit an“, fügte die Ministerin hinzu. „Mit dem Einsamkeitsbarometer haben wir nun die nötigen Daten, um noch gezielter handeln zu können.“
Benjamin Landes, Leiter des Projekts Kompetenznetz Einsamkeit, sagte unterdessen, dass das Einsamkeitsbarometer einen wichtigen Grundstein für eine regelmäßige Beobachtung der Einsamkeitsbelastung der deutschen Bevölkerung lege. Die Ergebnisse zeigten einen erfreulichen Rückgang der Einsamkeitsbelastung nach der Pandemie für einen großen Teil der Bevölkerung. „Gleichzeitig bleiben bestimmte Risikogruppen stark belastet und hier müssen wir besonders genau hinschauen und auch weiter unterstützen“, so Landes.
Bei dem Einsamkeitsbarometer handelt es sich um eine Langzeitanalyse. Sie wurde auf Grundlage des Sozio-oekonomischen Panels mit Daten von 1992 bis 2021 durch das „Kompetenznetz Einsamkeit“ am Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik aufbereitet.