„Die jüngste Dreistigkeit Erdogans zeigt das Scheitern der Politik Europas und der Nato gegenüber der Türkei“, sagte der Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin der „Welt“ (Dienstagausgabe): Wer Erpressern nicht klar entgegentrete, ermuntere sie zu neuen Erpressungen. „Dass ein Land, das permanent die territorialen Gewässer der EU verletzt, das völkerrechtswidrige Angriffskriege gegen Nachbarn führt und Demokratie und Rechtsstaatlichkeit im Innern mit Füßen tritt, so in die EU möchte, ist absurd.“
Spätestens als die Türkei mit Gewalt verhindert habe, dass Schiffe aus Nato und EU-Staaten das Waffenembargo gegen Libyen durchsetzen, hätte das Land mit ernsten Sanktionen belegt werden müssen. Heute sei die Türkei einer der Staaten, die bewusst die EU-Sanktionen gegen Russland etwa im Halbleiterbereich unterlaufen, so Trittin. „Es ist Zeit, Erdogan Grenzen aufzuzeigen, wirtschaftlich, politisch, nachdrücklich. Die demokratischen Nato-Staaten sollten für sich Schweden eine Sicherheitsgarantie entsprechend Artikel 5 erteilen – und die für die Türkei aussetzen, bis Schweden Mitglied der Nato ist.“
Auch der außenpolitische Sprecher der AfD-Fraktion im Bundestag, Petr Bystron, sprach von Erpressung: „Die Türkei gehört weder geographisch noch geschichtlich-soziokulturell zu Europa. Hinzu kommt, dass es die Aufnahmekriterien für den Beitritt zur EU nicht erfüllt. Das Land hat somit in der EU nichts zu suchen“, so Bystron. „Die Versuche des türkischen Präsidenten Erdogan, die EU-Mitgliedschaft an die Nato-Mitgliedschaft Schwedens zu koppeln, sind reine Erpressung. Die Bundesregierung sollte sich situationsadäquat verhalten und der Richtlinie `mit Erpressern verhandelt man nicht` des ehemaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt folgen.“
Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch sagte dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“, für die aktuelle Türkei sei in der Europäischen Union „kein Platz“: „Erdogan steht für alles, was die EU nicht braucht und nicht tolerieren darf.“ Dazu gehöre der Krieg gegen die Kurden wie auch der Abbau des Rechtsstaats und der Demokratie in der Türkei, so Bartsch. Umgekehrt stellte Bartsch die Nato-Mitgliedschaft der Türkei in Frage: Die werde „zunehmend zu einer Belastung für das Bündnis“.
Und weiter: „Wer solche Partner hat, braucht keine Feinde.“ Der türkische Präsident Erdogan hatte einen Nato-Beitritt Schwedens am Montag an die weitere Annäherung seines Landes an die Europäische Union bis hin zu einer vollen Mitgliedschaft geknüpft. Dies werde er beim Gipfel der 31 Nato-Staats- und Regierungschefs am Dienstag und Mittwoch in Vilnius deutlich machen, sagte Erdogan in Istanbul.