In Deutschland werde zu sehr auf die Risiken und zu wenig auf die Chancen der Digitalisierung geschaut, sagte sie der „Süddeutschen Zeitung“ (Freitagsausgabe). Eine stärkere Nutzung von Daten sei aus ethischer Sicht sogar notwendig.
Patienten in Deutschland litten ebenso wie Forscher unter einem zu strikten Datenschutz, der darüber hinaus häufig auch noch zu streng ausgelegt werde. „Da ist das Maß verloren gegangen“, so Buyx, das „kostet Leben“. Die Ethikratsvorsitzende begrüßt damit die Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), die Digitalisierung im Gesundheitswesen und Projekte wie die elektronische Gesundheitskarte und das E-Rezept nach vielen Jahren der Planungen und Diskussionen voranzutreiben. „Die Digitalisierungsdefizite im deutschen Gesundheitsbereich sind enorm, und sie haben direkte negative Effekte auf Leben und Gesundheit vieler Menschen. Gleichzeitig birgt eine bessere Datennutzung so viele Vorteile – von Vorsorge, Diagnostik und Therapie bis hin zu medizinischer Forschung. Sie ist deshalb ethisch geboten“, so Buyx, die auch Professorin für Ethik der Medizin und Gesundheitstechnologien an der TU München ist. In internationalen Forschungsprojekten sei Deutschland wegen des Datenschutzes mittlerweile abgehängt. Datenschutz sei ohne Frage wichtig. „Es geht nicht darum, Schutzwälle einzureißen“, sagte die Medizinethikerin. „Es geht aber darum, bei gutem Schutz gleichzeitig wichtige Dinge in verantwortlicher Form möglich zu machen.“ Chancen und Risiken müssten in ein vernünftiges Verhältnis gesetzt werden, damit eine angemessene Datennutzungskultur möglich werde. Dazu sei es auch nötig, eine andere Einstellung zum Datenschutz zu entwickeln „bei allen Beteiligten im Gesundheitswesen und auch in der Bevölkerung“. Vor allem Datenschützer müssten ihre Rolle neu definieren, sie sollten sich „als positive Ermöglicher und nicht als Mahner oder gar Verhinderer verstehen“, so Buyx.