Das geht aus einem Entwurf für das Wahlprogramm zur Europawahl 2024 hervor, über den die „Süddeutsche Zeitung“ (Donnerstagausgabe) berichtet. „Wir wollen einen europaweit einheitlichen Regelungsrahmen dafür schaffen und eine integrierte europäische Infrastruktur – inklusive gemeinsamer europäischer CO2-Speicher – entwickeln“, heißt es in dem Grünen-Papier, das an diesem Donnerstag in Berlin vorgestellt werden soll.
Um die Klimaziele zu erreichen, müsse man zwar raus aus Kohle, Öl und Gas und rein in erneuerbare Energien und Wasserstoff. „In einigen wenigen Branchen wird es aber auch in Zukunft Emissionen geben, die schwer oder nach heutigem Stand der Technologie gar nicht zu vermeiden sind, etwa in der Zementindustrie“, heißt es weiter. „In diesen Bereichen wollen wir technologische Chancen nutzen und das CO2 direkt bei der Produktion abscheiden, speichern und gegebenenfalls nutzen.“ Wo nötig, solle dies sogar „aktiv gefördert werden“. Noch bei der Europawahl 2019 lehnten die Grünen „carbon dioxide capture and storage“ (CCS) als „Risikotechnologie“ ab, „wegen der unabsehbaren Gefahren“, die für Gesundheit und Umwelt drohen könnten. Auch der Weltklimarat (IPCC) setzt auf die CO2-Endlager – ohne diese Technologie lasse sich Klimaneutralität nicht erreichen. Das gelte zum einen für Branchen wie die Zementindustrie, die selbst mit noch so viel Energieeffizienz nicht CO2-neutral werden können. Zum anderen spekuliert der IPCC auf neue Möglichkeiten, der Atmosphäre Treibhausgase zu entziehen. Etwa, wenn ein Baum im Wachstum Kohlenstoff bindet, sein Holz anschließend in einem Biomassekraftwerk verbrannt und das entstehende CO2 dann aber abgeschieden und gespeichert wird. Zugleich sieht der Weltklimarat in näherer Zukunft nur eine geringe Rolle von CCS bei der Erreichung der Klimaziele: Der potentielle Beitrag der Technologie wird mit weniger als einer Gigatonne CO2 jährlich beziffert, während beispielsweise eine geringere Umnutzung natürlicher Ökosysteme, Solar- und Windkraft je rund vier Gigatonnen CO2 jährlich einsparen könnten – zu deutlich geringeren Kosten. Im Programm der Grünen für die Europawahl soll es nun heißen, es sei nötig, die CO2-Konzentration in der Atmosphäre aktiv zu senken, „damit sich wieder ein stabiles und nachhaltiges Niveau einstellt“. Dafür wolle man negative Emissionen „stärken und entwickeln“. Die Wende losgetreten hat wohl auch der grüne Vizekanzler Robert Habeck. Im Dezember hatte er dem Bundeskabinett einen Evaluierungsbericht des CCS-Gesetzes vorgelegt. Die zugrunde liegenden Technologien, so heißt es darin, seien „weitgehend ausgereift“. Das Ministerium arbeitet gerade an einer „Carbon-Management-Strategie“, die sich mit den Feinheiten von Abscheidung, Transport und Lagerung befasst, spätestens im November soll sie fertig sein.