Im Gegensatz zu seiner Partei hat sich Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel für ein Festhalten an der Schuldenbremse ausgesprochen. „Ich habe diese Schuldenbremse für richtig gehalten und tue es noch“, sagte Gabriel dem „Tagesspiegel“. „Die Erfahrung zeigt doch seit Jahrzehnten, dass Politiker nicht nur in Krisenzeiten Schulden machen, wie es eine keynesianische Wirtschaftspolitik für richtig hält, sondern leider auch in guten Zeiten, wo echte Keynesianer `Surplus Saving` machen würden.“
Indirekt kritisierte Gabriel die SPD-geführte Bundesregierung. „Die Lust am Geldausgeben ist ja fast grenzenlos, wie wir auch derzeit erleben. Der Staat nimmt fast eine Billion Steuern ein und erhöht trotzdem die Steuern und meint Schulden machen zu müssen“, sagte er. Gabriel würdigte den am Dienstag den verstorbenen Ex-Finanzminister und früheren Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble (CDU). Von Schäuble bleibe die Erinnerung an einen großen Patrioten und Europäer, sagte Gabriel: „Beides war für ihn kein Gegensatz, sondern zwei Seiten einer Medaille. Deutschland verliert einen großen Europäer. Und einen Mann, der die Enttäuschungen, Schicksalsschläge und Demütigungen, die man in der Politik erleben kann, erlebt hat und sich, seiner Partei und seinem Land trotzdem treu geblieben ist.“ Schäuble habe immer gewusst, sagte Gabriel, „wie wichtig die Strahlkraft eines bürgerlichen Zentrums für die Stabilität der Bundesrepublik Deutschland ist. Und wie bedeutend die deutsch-französische Partnerschaft und Freundschaft für die Zukunft Europas ist. Das hat er mehr als andere gespürt, intellektuell und in praktischer Politik über Jahrzehnte umgesetzt. Schäuble hatte außerdem die Freiheitsrechte und die Grundwerte unserer Verfassung verinnerlicht wie nur wenige andere. Er trug sie nicht wie eine Monstranz vor sich her, sondern forderte sie im Alltag von sich selbst, seiner Partei und anderen ein. Er opferte diese Werte weder den politischen Alltagsinteressen noch dem parteipolitischen Opportunismus. Wolfgang Schäuble war das, was man einen Verfassungspatrioten nennen kann.“