Die mögliche Einleitung eines Parteiverbotsverfahrens gegen die AfD stößt bei Experten auf deutliche Vorbehalte.
Der Mainzer Politikwissenschaftler Kai Arzheimer gibt zu bedenken, dass ein Verbotsverfahren „langwierig“ sei und über diese Zeit hinweg die Narrative der AfD befeuere. „Zumindest bei deren Anhängern wird der Eindruck entstehen, dass die anderen Parteien sich unliebsame Konkurrenz vom Hals schaffen möchten“, sagte Arzheimer dem „Handelsblatt“ (Mittwochausgabe).
Auch der Kölner Politikwissenschaftler Marcel Lewandowsky äußerte sich skeptisch: „Bei einem Verbot der gesamten Partei muss man das Risiko kalkulieren, dass das Gericht dem Antrag nicht folgt“, sagte er dem „Handelsblatt“. Wenn das passiere, wäre es für die AfD „einer der größten Siege ihrer Geschichte“.
Der Magdeburger Rechtsextremismus-Experte Matthias Quent hält ein Verbotsverfahren zwar für riskant: „Es wird aber angesichts der ungebremsten Radikalisierung der Partei wahrscheinlich notwendig sein, wenn die Bundesrepublik ihre Identität als liberale und wehrhafte Demokratie bewahren will“, sagte er der Zeitung.
Für sinnvoll hält Arzheimer unterdessen, „die extremistischen Tendenzen in der AfD klar zu markieren, sich deutlich von ihr abzugrenzen, auf inhaltliche Widersprüche hinzuweisen und vor allem auch die vielen anderen Politikfelder zu bespielen, wo auch die eigenen Anhänger der Partei wenig zutrauen“. Lewandowsky nennt hier Themen wie Arbeitsmarkt und Wirtschaft, „zu denen die AfD wenig zu sagen hat und wegen deren sie auch nicht gewählt wird“.
Der Staatsrechtler Christian Pestalozza empfiehlt eine andere Strategie: „Letztlich hilft nur gutes Regieren“, sagte er der Zeitung. „Regierende, die unsere Hoffnungen und Sorgen wahrnehmen und ihnen Hand in Hand gerecht zu werden versuchen, werden wir wiederwählen, andere nicht.“